Video und Bericht zum Diabetes-Kids Ahoi Segeltörn 2024 - Die normalsten Tage aller Zeiten
Regenjacke, Mütze, Handschuhe. Puh, ich habe keine Regenhosen dabei. Und wenn die Jacke durchnässt ist? Kann ich sie trocknen? Brauche ich eigentlich Hausschuhe?
Ein Segelanfänger macht sich auf den Weg mit seinem Sohn nach Harlingen. Zur Noorderlicht, ein mit Sicherheit unglaubliches Segelschiff. Zusammen mit vielen anderen Kurzzeit-Teilfamilien aus ganz Deutschland haben wir die Gelegenheit, aus der Reihe zu tanzen und etwas genießen zu können, was man sich für Geld nicht kaufen kann. Ich bin gespannt. Auf alles. Und neugierig.
Wir schleichen zum Hafen und halten Ausschau nach der Noorderlicht. Natürlich sind wir viel zu früh da, wir wollen ja so gar keine Minute verpassen. Da liegt das Schiff und wartet auf uns. Sobald wir aufs Schiff können, schnappen wir unser Gepäck und unser Abenteuer beginnt.
Direkt zu Youtube: https://youtu.be/UF7mqhtmAjU
Das Schiff ist groß, die Kabine klein. Unser Gepäck passt rein, wir nicht. Na gut, geht natürlich schon. Wir sind angekommen. Weitere Familien kommen, zum Glück haben die auch so viel Gepäck dabei. Haben wir also nicht übertrieben.
Der erste Abend startet, wir lernen uns kennen. Die Crew, die Familien. Das wird eine tolle Zeit.
Das Schiff liegt souverän im Hafen und wartet auf den nächsten Tag. Das Wetter hat sich beruhigt und - mal eben vorweggenommen - es erweist sich als äußerst fairer Mitspieler.
Die Kids haben am Abend schon die Möglichkeit, sich näher kennenzulernen und ein Satz von Jannis beschreibt anschließend perfekt, warum diese Reise eine gute Reise werden wird: "Die haben ja alle genau die gleichen Probleme wie ich." Und das sagte er mit so einer Begeisterung und fast auch schon Erleichterung, dass ich allein wegen diesem Moment schon froh war, hier zu sein.
Aufgekratzt und dennoch müde, startet dann nach dem Onboarding die erste Nacht. Die lief mal so mittelprächtig, aber so ist das ja eigentlich immer mit der ersten Nacht woanders.
Aber zum Glück haben wir Frühdienst, da ist die Nacht dann auch schnell rum.
Äußerst schlaftrunken starte ich meinen Weg in die Küche. Jannis ist auch schon ein bisschen wach und kommt bestimmt gleich nach. Zum Glück bin ich nicht der Erste. Ich versuche, mich nützlich zu machen. Das gelingt auch nach ein paar Anlaufschwierigkeiten. Und was dann auch sofort klar ist - es ist immer Teamarbeit. Ofen, Kaffeemaschine und am Ende die Spülmaschine nehmen ihre Arbeit auf und werden uns die nächsten Tage unterstützen - so gut sie können.
Jetzt kommt Bewegung ins Spiel. Sicherheitsunterweisung auf die lockere Art und wir lernen Knoten knoten. Zum Glück nur zwei verschiedene, sonst wäre das ein hoffnungsloses Unterfangen. Ich denke, ich hab's kapiert. Aber ich halte mich im Ernstfall an Jannis.
Dann geht's los und ich hoffe, wir setzen bald die Segel, bevor ich die Knoten wieder vergessen habe.
Machen wir dann auch nach etwas Dieselfahrt, denn wir haben zwar keinen Regen, aber halt auch nicht übermäßig viel Wind. Also dann endlich ran an die Seile und los geht's. Meine Güte, ist so ein Segel schwer. Und muss ganz schön weit hoch. Das nimmt ja kein Ende. Mit etwas lahmen Armen ist dann aber irgendwann das erste Segel am Start. Wir segeln!
Die nächsten Segel werden gesetzt und immer schön auf den Rhythmus achten. Dann geht's auch gleich viel einfacher. Was für ein Gefühl, wenn der Dieselmotor ausgeht, die Vibrationen aufhören und das elegante Segeln losgeht. Ich glaube, auf diesen Moment haben sich alle gefreut. Wir gleiten durchaus gemächlich nach Terschelling, unserer ersten Insel. Wir haben Freizeit, die Insel auf eigene Faust zu erkunden.
Uns zieht das Watt magisch an und wir gehen zum "Groene Strand". Der grüne Strand und die Weite des Watts sind fantastisch. Durchatmen, den Wind genießen und barfuß durchs Watt spazieren. Wir treffen weitere "Noorderlichter".
Der erste Tag neigt sich dem Abend zu und man lernt sich untereinander kennen. Die positive Stimmung, die Offenheit und die generelle Begeisterung führen zu einem regen Austausch untereinander. Fachgespräche von geforderten Eltern zum Thema Diabetes.
Es geht oft um Technik - ein bemerkenswerter Wandel in der Welt des Diabetes, wie ich finde. Heutzutage muss man ja schon sehr technikaffin sein, um den ganzen Kram im Griff zu haben. Welche Stärken und Schwächen haben welche Pumpen, wie intelligent ist der eine oder andere Loop.
Zum Glück ist auch Louisa an Bord, die hier Licht ins Dunkel bringt. Ein super-informativer Überblick zum Stand der Technik und ein spannender Ausblick, was noch kommen wird. Denn offensichtlich ist, dass die Entwicklung in Riesenschritten voran geht und sowohl die Technik als auch die Therapie immer besser werden wird. Gleichzeitig wird auch klar, dass die Diabetes-Ambulanzen und die Krankenkassen hier auch mithalten müssen und die richtige Balance zwischen Bewährtem und Neuem finden müssen. Lebenslanges Lernen gilt halt durchaus überall.
Das gilt dann später auch für mich auf einem ganz anderen Gebiet, denn ich habe mich zum ersten Mal in das Epi-Zentrum einer Karaoke-Session getraut. Nein, ich habe nicht gesungen, aber ich war dabei. Und was soll ich sagen, es hat Spaß gemacht.Und wieder ist es die Stimmung, die den Unterschied macht. Die Dinge laufen lassen, loslassen und entspannen.
Müde falle ich dann irgendwann in die Koje, baue im Halbschlaf noch einen Whatsapp-Status und freue mich auf den nächsten Tag.
Der startet mit einer Radtour auf Terschelling. Herrlicher Ausflug und ich habe das Gefühl, nicht das letzte Mal auf dieser Insel gewesen zu sein. Knapp 16km, inklusive Hypo-Pause, Strandbesuch und Kaffee/Pommes-Stop - ganz nach dem persönlichen Bedarf.
Nach dem Essen geht die Reise weiter und wir steuern auf Vlieland zu. Noch 'ne Insel. Unterwegs haben wir noch die Hoffnung, dass uns Seehunde begleiten, aber die haben heute wohl andere Pläne. Außer einem kurzen, sehr kurzem Ich-seh'-einen-Seehund-Moment-und-dann-nie-wieder gibt es nichts zu gewinnen. Gleiches Spiel wie am Tag zuvor also.
Dafür habe ich gelernt, dass sich Wellen auf dem Meer einfach so brechen - und das nur, weil am Grund des Meeres eine Stufe ist und dort das Wattenmeer beginnt. Oder dass man bei Flut um 0,2 Millionstel leichter wird. Macht bei 70 kg dann 14 mg. Das ist überschaubar.
Viel Sinnvolleres lerne ich dann am Abend beim Vortrag von Isabel zum Thema Seemannsgarn und Diabetes-Therapie. Der Umgang mit unseren Kids und wie ich ihnen beipule, dass sie sich selbst um sich kümmern müssen. Die einfache Antwort - fang' bei dir selbst an. Das ist stark verkürzt, aber dafür bin ich ja auch keine Fachkraft. Jedenfalls nehme ich von dieser Reise sehr viel mehr mit als "nur" eine Segelerfahrung.
Am nächsten und leider auch letzten Tag haben wir beinahe richtig schlechtes Wetter. Es hat in der Nacht geregnet und das Deck ist nass. Das war's dann aber auch, sodass der Strandolympiade natürlich nichts im Wege steht. Uii, das ist eine Herausforderung. Vier Disziplinen, mal als Kid alleine, mal im Team mit Mama oder Papa. Das klappt bei uns ganz gut, bis auf das Dreibein-Laufen. Nicht unsere Disziplin. Aber sie hätte auch besser laufen können, wenn ich mehr auf Jannis und weniger auf mich gehört hätte. Das nehme ich auch als persönliches Take-Away mit. Aber Spaß gemacht hat die Olympiade auf jeden Fall. Tolle Idee.
Danach folgt dann leider mehr oder weniger das Unvermeidliche - die Rückfahrt nach Harlingen.
Immerhin wird diese versüßt mit etwas mehr Wind. Wir durften sogar die Rettungswesten anziehen. Und natürlich noch mal Segel setzen. Routiniert, als hätten wir nie etwas anderes gemacht. Der Seegang bringt das Schiff dann auch mal etwas mehr in Bewegung - sehr zur Freude der Kids und allen anderen, die auch darauf gehofft hatten, dass sich das Schiff mal ordentlich auf die Seite legt oder in den Wellen schaukelt. Wunderbar.
Tja, dann laufen wir im Hafen ein und unser Abenteuer ist vorbei. Damit es für mich nicht vorbei ist, habe ich diesen Erlebnisbericht geschrieben und ich kann ganz vielen anderen Vätern oder Müttern nur wünschen, dass sie das hier auch einmal erleben dürfen.
Eine unglaubliche Bereicherung in unserer Diabetes-Welt und ich habe wieder viel Kraft gewonnen für den Alltag, der nun wieder einkehrt.
Viel wichtiger jedoch - und das hoffe ich für alle, die teilgenommen haben - Jannis hatte für ein paar Tage die normalsten Tage seines Lebens. Er war nicht der "Junge mit Diabetes". Er war einfach nur der Jannis unter Freunden.
Vielen lieben Dank an Familie Bertsch, dass ihr das möglich gemacht habt.
Kommentar von Diabetes-Kids:
Ganz herzlich bedanken möchten wir uns:
- Bei Stefan Rensberg für diesen tollen Bericht.
- Bei unserer tollen Crew: Louisa van den Boom, Isabel Lass, Sandra Reinert, Kristin Wierschem, Rieke und Patrick, die mit ihrem großen ehrenamtlichen Einsatz dieses Event erst möglich gemacht haben.
- Bei der Crew des Schooners Noorderlicht, die uns sicher durchs Wattenmeer geschippert hat.
- Beim Team der TSC Harlingen für die Organisation der Reise und die Verpflegung.
- Und nicht zuletzt auch bei unseren Sponsoren Dexcom, DiaExpert, Medtronic, Insulet, Vitalaire, Ypsomed und Abbott.
Der nächste Diabetes-Kids Segeltörn wird bereits geplant. Die Anmeldung wird ab Oktober 2024 möglich sein.
In Kürze gibt es auch noch ein Video.
Wir freuen uns jetzt schon auf das nächste Mal
Eure Familie Bertsch /
Susann, Carolin und Michael
www.Diabetes-Kids.de
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