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Diabetes-Kids Elternblog: Tagebuch von Carolin B - Meine ersten 6 Monate mit Diabetes Typ 1

Dieses Tagebuch beschreibt unsere Erfahrungen der ersten 6 Monate mit Diabetes Typ1 aus der Sicht unserer damals 1,5 Jahre alten Tochter Carolin. Da sie natürlich selbst noch nicht schreiben konnte, hat ihr Papa dies für sie übernommen.

Samstag, 8.Juli.2000
Heute war kein toller Tag. Mir ging es schon die ganz Zeit nicht besonders. Ich hatte ständig Durst und meine Windeln platzten aus allen Nähten. Mama ist dann mit mir zum Kinderarzt gefahren und der hat ihr was von Diabetes erzählt und das ich sofort ins Krankenhaus müsse. Das haben wir dann auch gemacht und es wurde dort ein Blutzucker (BZ) von 781 mg/dl gemessen. Man mag ja sagen, daß Kinder wie ich auf Süßes stehen, aber das war eindeutig zuviel.

 Freitag, 14.Juli.2000

Eigentlich gar nicht schlecht, so eine Kinderklinik. Ständig was los, etliche Spielkameraden, nur das ständige Gepieke in die Finger und Oberschenkel müßte ich eigentlich nicht haben. Aber ehrlich gesagt tuts gar nicht so weh, denn die Nadeln sind ganz kurz und dünn. Außerdem gewöhnt man sich mit der Zeit an Alles. Mama und Papa haben sich auch schon gepiekt und denen hat es gar nicht weh getan. Aber geholfen hats, denn mittlerweile hat sich mein BZ so eingependelt, daß es mir meistens wieder richtig gut geht. Ich hatte in dieser Woche zwar auch ein paar Hypos (so nennt man zu wenig Zucker im Blut und damit verbundene Beschwerden), aber ich hab diesen Sachverhalt lautstark kundgetan und er wurde sofort mit Traubenzucker (hmm lecker) behoben.

Dienstag, 18.Juli.2000
Übers Wochenende durfte ich tagsüber sogar nach Hause. Das war super und ich konnte endlich mal wieder mit meinen großen Brüdern Dominic und Marius spielen und im Garten schaukeln. Auch zuhause hatte ich vormittags mal kurz einen zu niedrigen BZ (54) den Mama aber sofort gemerkt hat und mit Traubenzucker (hmm lecker) ausglich. Das hat sie dann dem Doktor im Krankenhaus erzählt und der sagte, daß ich jetzt immer tagsüber nach Hause darf, weil meine Mama das so gut macht. Toll, nicht? Nachts muss ich aber noch im Krankenhaus bleiben, weil die Ärzte meine BZ Werte noch genauer einstellen wollen. Das kann auch noch ein paar Wochen dauern, weil das sehr kompliziert ist.

Sonntag, 23.Juli.2000
Hallo Tagebuch, ich bins mal wieder. Mittlerweile darf ich jeden Tag zwischen 10:00 Uhr (nach der Visite) und 17:00 Uhr (der nächsten Spritze) nach Hause. Ich finde das ganz toll, aber Mama und Papa haben ganz schön Stress mit der Fahrerei. Die letzte Tage hat sich mein Insulinbedarf ziemlich verringert. Das ist zwar nicht schlecht, aber zweimal am Tag pieken tun die mich immer noch. Find ich blöd aber weh tuts eigentlich nicht. Was auch blöd ist, ist das ich tagsüber öfters eine Hypo habe als vorher. Teilweise 3-4 mal. Mama merkts aber immer sofort und gibt mir Traubenzucker (hmm. ihr wisst schon). Trotzdem macht sie sich ganz schön Sorgen, daß sie es mal nicht rechtzeitig merkt, glaub ich. Dann würde ich ohnmächtig und man müsste mir Glucagon spritzen. Das ist zwar doof für Mama und Papa (ich merks ja nicht), aber hin und wieder nicht so gefährlich, wenn man gleich das Richtige dagegen tut, sagt der Onkel Doktor. Ist aber bis jetzt auch noch nicht passiert. Jetzt hab ich auch noch ein bißchen Fieber bekommen und konnte Nachts nicht richtig schlafen. Heut früh gings schon wieder, aber Papa sah ganz schön müde aus. Das hat aber auch den Vorteil, daß man jetzt mal sehen kann, wie sich mein BZ bei Fieber verhält. Nun ja, ich werde mich bestimmt demnächst wieder melden. Tschüss Carolin

Montag, 24.Juli.2000
Hallöchen. Nachdem ich gestern mit 41 Fieber (keiner weiss warum) und mit Mama im Krankenhaus bleiben musste, war das Fieber heute wie weggeblasen und ich durfte tagsüber wieder nach Hause. Das fand ich prima, aber da meine Brüder im Urlaub sind wars auch ein bischen langweilig. Das Fieber hat sich etwas auf meinen BZ ausgewirkt und heute Abend musste ein bischen Insulin (ich kann das Wort sogar schon sagen) mehr gespritzt werden. Das hat dann der Papa gemacht und er wollte es das erste Mal ganz alleine probieren, weil er das ja können muss wenn ich ganz zuhause bin. Damit er es nicht so leicht hat, dachte ich, ich zappel ein bischen. Das war keine gute Idee, denn nachdem Papa mich gepiekst hatte ist ihm die Spritze aus der Hand gerutscht und hing dann ein meinem Bein. Autsch. Paps hat die Spritze dann wieder rausgezogen, ist ganz zitterig geworden und hat doch die Schwester zum Festhalten geholt. Er sah ganz traurig aus dannach. Ich glaube ihm hat das noch mehr weh getan als mir. Es muss schwierig sein jemandem weh zu tun den man lieb hat, auch wenn es unbedingt sein muss.

Donnerstag, 27.Juli.2000
Hallo Tagebuch. Jetzt gehts mir wieder Klasse. Das Fieber ist weg, der Insulinbedarf geht weiter runter und bald komm ich ganz nach Hause. Wahrscheinlich schon nächsten Montag. Dann kommen auch bald meine Brüder wieder aus dem Urlaub und Leben ins Haus. Von Papis Spritze hab ich mich schneller erholt als er und es hat noch nicht mal einen blauen Fleck gegeben. Jetzt halt ich immer ganz still und lass Mama das machen. Dann tut es auch echt nicht weh. Papa muss noch ein bischen üben (an wem auch immer) und dann lass ich ihn vielleicht mal wieder. Eigentlich schade, daß ich aus dem Krankenhaus muss. Die Schwestern waren total lieb und da gab es ganz viele andere Kinder zum Spielen. Aber bestimmt gehen wir mal wieder hin um alle zu besuchen. Vorgestern hat unsere Katze den Clown aus Ton runter geschmissen. Ich bin total erschrocken und fand das ganz böse von der Katze, denn es war mein Lieblingsclown. Ich hab sogar nachts davon geträumt. Tschüss bis demnächst.

Dienstag, 1.August.2000
Heute durfte ich nach Haus. Der Abschied von den lieben Tankten und Doktors im Krankenhaus war nicht so schön. Ich mochte sie alle sehr gut leiden und hoffe, daß wir ab und zu mal zu Besuch hingehen. Meine Werte sind super, ich krieg nur noch ganz wenig Insulin und hab trotzdem noch ab und zu kleinere Hypos. Wahrscheinlich können wir die Abendspritze bald ganz weglassen. Das wär prima ]] Eine Spritze weniger. Endlich darf ich auch wieder ungern im eigenen Bettchen schlafen müssen.

Freitag, 4.August.2000
Zuhause ist Klasse, denn endlich sind meine Brüder wieder aus dem Urlaub zurück und ich hab immer jemanden zum Spielen. Opa und Oma sind auch zu Besuch gekommen also ist wieder richtig was los bei uns Zuhause. Fast wie im Krankenhaus.

Samstag, 19.August.2000
Es ist kaum zu glauben.Jetzt wollten wir dem Opa einfach mal zeigen, daß die Blutzucker-Messung gar nicht weh tut. Und was galubt ihr. Er hat auch Diabetes und wusste es noch gar nicht. Allerding Typ 2 und auch nur ein bischen. Ansonsten alles in Butter bei uns. Mir geht es gut und meine Werte sind trotz sehr wenig Insulin schön stabil. Ich bin quitsch vergnügt und mir geht es prima. Auch müssen wir gar nicht mehr so oft Blutzucker messen. Der Onkel Doktor hat gesagt, daß 3 Mal am Tag aureicht. Wir alle hoffen natürlich, daß das möglichst lange so bleibt. Also denn tschüss und schaut mal wieder rein.

Samstag, 26.August.2000
Hallo Tagebuch, ich bins mal wieder. Bei uns ist alles wie gehabt. Werte stabil, Insulindosis niedrig und Laune gut.Ich hatte letzte Woche einen Zeckenbiss um den sich ein roter Ring gebildet hatte. Mama ist mit mir zum Kinderarzt gefahren und hat mich auf Borreliose untersuchen lassen. Zum Glück war das Ergebnis negativ, was doch ziemlich positv ist. Das wärs ja noch gewesen.

Sonntag, 3.September.2000
Hallo Tagebuch, im Moment sind meine Werte ziemlich turbulent. Mal morgends hoch mal abends tief; am nächsten Tage umgekehrt und völlig ohne Regelmässigkeit. Mama und Papa machen sich ganz schön Sorgen und wissen nicht so recht, wie sie darauf reagieren sollen. Bei ]200 BZ zur Mittagszeit wird korregiert und seit heute bekomme ich morgends ein halbe IE mehr Protaphan. Mal sehen obs hilft. Vielleicht ist ja auch eine Erkältung im Anmarsch und kündigt sich so an. Das war beim letzten Mal mit Fieber ähnlich. Ich werd euch auf dem Laufenden halten.

Mittwoch, 13.September.2000
So, alles wieder in Butter. Wir haben das Basal Insulin morgens auf 3IE hochgestzt und schon passt es wieder. War wahrscheinlich ein Wachstumsschub oder so was ähnliches. Letzte Woche haben wir den letzten HBA1c Wert genommen und er ist für meine Verhältnisse super ]] 7,4. Vor zwei Monaten als ich ins Krankenhaus kam war er noch bei 12. 5 ich komme!!!
Ihr glaubt nicht, was diese Woche passiert ist. DIe Redaktion der Sendung "Jürgen Fliege" im ARD macht am 19.10.00 eine Sendung zum Thema Diabetes und die haben mich, Mama und Papa als Talkgäste eingeladen. Ist doch Klasse, oder. Also, lasst es euch so gut gehen wie mir im Moment. Carolin

Montag, 25.September.2000
Na so ganz passt es immer noch nicht. Wir müssen im Moment den Spritzplan fast jeden Tag geringfügig ändern. Wahrscheinlich geht mein Anteil an Eigeninsulin runter, so das ich anfälliger für Schwankungen in der Nahrungsaufnahme und bei viel Bewegung bin. Nachts passt es immer ganz gut. Völlig egal mit was für einem Wert ich ins Bett gehe (Zwischen 230 und 70 lande ich morgends immer bei ca. 90. Hoffentlich bleibt wenigstens das noch eine Weile so. Abgesehen davon, daß ich Mama und Paps in dieser Hinsicht Kopfzerbrechen bereite, geht es mir aber Klasse.

Samstag, 30.September.2000
Das wars wohl dann mit der schönen Remissionsphase. Mein Insulinbedarf geht hoch wie eine Rakete und meine Eltern kommen mit dem Anpassen des Spritzplans gar nicht hinterher. Werte über 200 sind am der Taqesordnung, jedoch zum Glück noch ohne Keton im Urin. Mein nächster HbA1c wird bestimmt nicht so berühmt.

Donnerstag, 12.Oktober.2000
Hallo Tagebuch. Mittlerweile haben wir nach einigem Hin und Her Probieren meine Werte wieder ganz gut im Griff. Gestern waren wir beim Onkel Doktor und der hat gesagt, daß wir das sehr gut gemacht haben und er mit meinen Werten sehr zufrieden ist. Die Sache mit Fliege klappt jetzt leider doch nicht. Nachdem wir bis heute vergeblich auf eine entgültige Bestätigung gewartet haben, haben wir jetzt von uns aus absagen müssen. Die Damen und Herren dort scheinen nicht zu wissen, daß eine 5-köpfige Familie eine gewissen Vorbereitungszeit braucht um für zwei Tage von Frankfurt nach München zu fahren. Nun ja, schade drum. Die Sendung am 19.10 ab 16:00 Uhr werden wir uns trotzdem ansehen.

Sonntag, 22.Oktober.2000
Hallo Tagebuch, Wieder mal sind einige Tage vorbei und wir sind um ein paar Erfahrungen reicher. Zum Beispiel, daß man verdünntes Actrapid (361:3) vor dem Spritzen schütteln muss, da sonst völlig chaotische Werte herauskommen. Bis aus diese fehlende Erkenntnis und den daraus resultierenden 2 turbulenten Tagen lief es die letze Zeit recht gut. Heute ist mein 2. Geburtstag und ich habe viele tolle Geschenke bekommen. Ein Schaukelpferd, eine Kinderküche ............... Klasse !!!!
Heute probieren wir, die Mittagsspritze (361IE Actrapid) durch mehr Basalinsulin am Morgen zu kompensieren um wieder auf zwei Spritzen am Tag zu kommen. Mal sehen wie es klappt. Tschüüss

Samstag, 28.Oktober.2000
Das war wohl gar nichts. Soviel zu Simulationen der Wirkdauer und Stärke von Prothaphan und Actrapid. Der Versuch an meinem Geburtstag ist voll in die Hose gegangen. BZ ]300 aber zum Glück ohne Keton. Wir habens aufgegeben und bleiben jetzt bei den verrauten 3 Spritzen am Tag. Damit kommen auch meine Werte wieder ganz gut hin. Demnächst kommt mein nächste HBA1C Test, mal sehen wie der aussieht.Trotz den heftigen Werten war mein Geburtstag super. Viele Leute haben mich besucht und alle haben tolle Geschenke mitgebracht. Eigentlich könnte man doch jede Woche Geburtstag haben; oder??

Freitag, 31.November.2000
Hallo Tagebuch. Der November war ein Monat ohne viel Neues. Wetter blöd, Werte ganz OK aber immer noch der alte Rhytmus. Drei Tage gut und dann eine Woche Chaos. Ein bischen krank war ich auch noch, war aber nicht so schlimm Wir kriegen das aber schon noch hin und der Onkel Doktor ist mit meinen Werten immer noch ganz zufrieden.
Ganz interessant war, daß ein paar Auszüge aus meinem Tagebuch im Radio Bayern 2 (Gesundheitsgespräch) vorgelesen wurden.

Sonntag, 31.Dezember.2000
Hallo Tagebuch. Der Dezember war ein klasse Monat. Mitte des Monats waren wir beim Onkel Doktor und der hat meinen Hba1C Wert gemessen. Das Ergebnis war super, denn er lag bei 6,9%. Und das nachdem er noch im Juli bei 12% war. Es scheint, als würden wir die Einstellung ganz gut hinbekommen, Mama, Papa und ich. Mittlerweile hat sich der ganze Tagesablauf mit Diabetes zur Normalität entwickelt. 5-7 mal täglich BZ messen, 3x spritzen und regelmässig Essen kostet keine Mühe mehr und macht mir rein gar nichts aus. Vom BZ messen nachts werde ich noch nicht mal mehr wach und wenn ich eine Korrektur BE brauche trinke ich aufgelösten Traubenzucker im Tee im Halbschlaf. Was ein bischen blöde ist, ist das frühe Aufstehen morgends, denn um 7:30 Uhr brauch ich meine erste Spritze. Speziell Papa findet das gar nicht toll, aber da muss er halt durch.
Und dann war natürlich auch noch Weihnachten. Wir hatten einen ganz tollen Baum mit vielen schönen Geschenken darunter. Es war das erste Weihnachten, was ich ganz bewusst erlebt habe und es war einfach toll!! Wir hatten viel Besuch, meine Oma, der Opa und etliche Onkels und Tanten waren da und jeder hat mir etwas mitgebracht.
Dann war Silvester. Papa hat extra für mich ein bischen Feuerwerk vorher gemacht, denn bis 12:00 Uhr darf ich ja noch nicht aufbleiben. Das hat ganz doll gefunkelt und geknallt. Ich durfte sogar ein paar Knallerbsen selbst auf den Boden werfen, was mir sehr viel Spass gemacht hat.

Seit Weihnachten ist jetzt auch unsere neue Internet Seite "www.diabetes-kids.de" online. Die hat mein Papa extra für Kinder mit Diabetes und deren Eltern in Netz gestellt und wir hoffen, daß sich möglichst viele Kinder anmelden. Vielleicht findet sich ja dadurch auch ein Kind in meinem Alter und in unserer Umgebung.

Verfasser: Michael Bertsch im Jahr 2000

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