Diabetes-Kids Elternblog: Sonne, Wasser, Sand und Strand - Familienurlaub mal ganz anders
Die Entscheidungsfindung
Bevor wir zu ganz anders kommen, sollte ich zuerst einmal erklären, was für uns ein normaler Familienurlaub ist.
Normal ist, dass wir unseren alten Campingwagen beladen und zu einem familienfreundlichen Campingplatz fahren. Dort tun wir Dinge, die Camper halt so machen. Wandern, Radtouren, Sehenswürdigkeiten angucken, gepflegt essen gehen und natürlich baden.
Jetzt stellt sich die Frage, warum es dieses Mal anders lief. Die Wahrheit ist, mein Mann hat mich reingelegt! Alles fing mit unserem neuen Familienbeförderungsgefährt an, das zwar mit sieben Sitzen ausgestattet war, aber leider noch keine Anhängerkupplung besaß. Die sollte nachgerüstet werden. Und jetzt kommt's: Das sei ganz schön teuer, da könnten wir auch gleich fliegen oder eine Ferienwohnung mieten. Mein Mann, der weiß, dass ich ungern in ein Flugzeug steige, meinte wir könnten auch nach Ungarn fahren. Dort wäre das Wasser schön warm, es gäbe Strände und man könne sehr lecker Essen gehen. Er wolle mal ganz anders Urlaub machen.
Ich gebe zu, anfangs war ich davon gar nicht begeistert, denn dieses Anders bedeutete auch, neun Stunden Autofahrt, mit einem Kind, das schon für gewöhnlich nach einer Stunde auf dem Rücksitz würgende Geräusche von sich gibt. Anders bedeutete auch, neun Stunden für Unterhaltung und halbwegs gute Laune auf den Rücksitzen zu sorgen, wo normal nach einer Stunde der Teufel los ist, weil er sie so komisch anguckt oder man "immer noch nicht da" ist!
Anderseits konnte ich es meinen Mann nicht verübeln, das er auch mal wieder einen Standardurlaub machen wollte, so wie früher, als wir noch keine Kinder hatten.
Also stimmte ich zu. Lieber neun Stunden mit einem kotzenden Kind im Auto verbringen, als im Flugzeug zu sitzen und nicht wissen, ob der Pilot geistig gesund ist oder irgendein Idiot unter den Passagieren sitzt, der ein Rondeau mit neunundneunzig Jungfrauen plant!
Den Plan in die Tat umsetzen
Nach dieser Entscheidungsfindung galt es den Plan in die Tat umzusetzen und dies war nach näherer Betrachtung doch schon ein ganz schöner Berg an Aufgaben. Es war das erste Mal, dass wir mit unseren Kindern ins Ausland fuhren. Daher brauchten wir Reisepässe für die Kinder und es galt abzuklären, wie und in welchem Umfang wir versichert waren. Vor allem, was den Diabetes unseres Sohnes betraf, war es angebracht etwas genauer nachzuhaken! Von all den trockenen Details möchte ich hier Abstand nehmen, nur noch so viel dazu anmerken, dass ich mich erkundigte, was zu tun wäre, falls er in ärztliche Behandlung müsste oder Pumpenzubehör gestohlen werden sollte.
Unsere Zusatz- und Auslandsversicherung gaben mir dafür noch Kontaktdaten und einen Vordruck mit. Außerdem notierte ich den Namen, die Adresse und Telefonnummer vom nächstgelegenen Krankenhaus. Was den Verlust oder Beschädigung der Insulinpumpe betraf, brauchte ich mir keine Sorgen zu machen, denn in Europa wäre das binnen 24 Stunden erledigt. Es bestand also nicht die Notwendigkeit eine Ersatzpumpe mitzunehmen. So die Aussage von der Firma, aber natürlich weiß ich nicht, ob das den Tatsachen entsprach.
Allerdings mussten wir in Deutschland schon mehrfach einen Notruf absenden, weil die Pumpe defekt oder Fehlfunktionen hatte und da stimmte der Zeitrahmen! Sogar als die gesendete Ersatzpumpe gar nicht erst in Betrieb genommen werden konnte und ein zweiter Kurierdienst kurz nach Mitternacht bei uns ankam. Zu dem Thema, das "der Teufel ein kleines Eichhörnchen ist", hatte ich schon ein paar Pleiten, Pech und Pannen aufgezählt, die einen so passieren können. Doch was unseren Urlaub in Ungarn betraf, wollte ich auch nicht gerade den "Teufel an den Haaren herbeiziehen", daher: keine Ersatzpumpe!
Für den Notfall und eventuelle diabetische Verständigungsprobleme besorgte ich mir einen "Diabetes Dolmetscher" aus der Apotheke. Wie sich später bestätigte, ist Ungarn nicht wie Mallorca. In den Geschäften und Restaurants konnten wir uns besser mit Englisch verständigen, als mit Deutsch.
Nachdem Berge von Fragen abgearbeitet waren, stapelten sich im Wohnzimmer nun Berge von Wäsche, Schuhen, Diabeteszubehör und reichlich Koffern. Ein geordnetes Chaos! Für Reiseroute und die technischen Raffinessen war natürlich mein Mann zuständig.
Und dann war es so weit, zu früher Morgenstunde starteten wir in den Urlaub. Unsere Kinder waren mit Büchern, Hörspielen und Filmen ausgerüstet. Für meine Tochter hatte ich Reisekaugummis besorgt, dadurch verlief die Fahrt fast reibungslos. Natürlich kam: "Sind wir endlich da?", in allen möglichen Fragevarianten. Es fing mit freudig erregt an. Ging ab Österreich zu einem eher ungeduldigen Ton über und wurde kurz vor der ungarischen Grenze ärgerlich. Bis es auf den letzten Kilometern, nach neun Stunden reiner Fahrzeit und sehr, sehr vielen Pausen, in Verzweiflung und Gemaule umschlug! In Gyenesdiás war es bereits Spätnachmittag, als wir endlich unsere Koffer in die Ferienwohnung schleppten.
Zum Urlaubsort
Gyenesdiás ist ein wundervoller, ruhiger, familienfreundlicher Ort und es gibt wirklich zwei sehr schöne Sandstrände mit schnuckeliger Cocktailbar, reichlich Spielmöglichkeiten, sowie allerlei Buddelutensilien für Kinder. Ich fühlte mich, wenn ich die Gebäude eingehender betrachtete, in die gute alte DDR zurückversetzt. Obwohl hier alles sehr mediterran hell und farbenfroh gestaltet war, fiel auf dem zweiten und dritten Blick, ein großer kreativer Einfallsreichtum auf. Wohl aus den gleichen Gründen wie bei uns damals. Man behalf sich mit dem, was zur Verfügung stand. Was kaputt ging, konnte irgendwann einmal repariert werden oder auch nicht. Ich habe zum Beispiel nicht eine funktionierende Tür gefunden! Entweder war das Schloss defekt oder die Klinke hing herunter, konnte zuweilen auch ganz fehlen. Einmal bin ich sogar auf der Strandtoilette komplett festgesessen, weil der Schlüssel sich zwar drehte, nur der Schnapper keinen Bock mehr hatte, wieder zurückzuschnappen.
Auch der Straßenverkehr unterlag anderen Regeln. Ich würde ihn als italienisch rasant beschreiben. Gehupt wurde hier allerdings nicht viel, sondern die Richtung einfach kurz entschlossen geändert. Blinken war nur etwas, was wir Ausländer taten. Das galt übrigens auch beim Anhalten vor Ampelanlagen.
Die Verfassung der Straße war zuweilen abenteuerlich und sorgte mit ab und zu vorbeifahrenden Trabbis noch zusätzlich für meinen DDR-Flair.
Was mir in Ungarn auch ins Auge stach, war ihre Friedhofskultur. Nein ich bin niemand, der auf Friedhöfen spazieren geht und schaut, wer gerade frisch eingezogen ist! Doch die Friedhöfe konnte man gar nicht übersehen. Es schien hier nur Kaiser und Könige zu geben! Sie waren im wahrsten Sinne des Wortes zubetoniert mit prunkvollen Steintafeln und Skulpturen. Ein Meer aus poliertem Granit.
Was Frauen wollen
Der Sommer letzten Jahres war extrem heiß gewesen. Am Balaton hatten wir während des kompletten Urlaubs an die 40 Grad und Wassertemperaturen von 26 bis 28 Grad. Das war für mich Warmduscher genau das Richtige! In unseren normalen Familienurlaub bin ich nur selten ins Wasser zu bekommen und wenn, dann dauert es Stunden, bis das kalte Nass über den magischen Bauchnabelbereich schwappt!
Was am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig war, es gab jede Menge Wasserschlangen. Und die waren wirklich nicht gerade winzig, dafür laut Wiki total ungefährlich! Ich war aber trotzdem skeptisch und untersagte meinen Kindern das Anfassen oder eventuelle Schmuseversuche!
Liebend gerne wäre ich shoppen gegangen. Mit dem Zug in die nächste Stadt gefahren, um zu shoppen oder mit dem Rad am Balaton entlang geradelt, um zu erkunden, wo ich hätte shoppen gehen können. Daraus wurde leider nichts, denn es war einfach viel zu heiß! Stattdessen verbrachte ich meine Zeit schwitzend am Strand und las Buch für Buch, was eigentlich ganz entspannend war. Vor allem mit den leckeren alkoholfreien Cocktails. Die Kinder hatten wir meistens im Blick. Beide trugen auffällige Schirmmützen, die sie nicht abnehmen durften. Auch nicht im Wasser! Das hatte den Grund, weil bei der Masse an Leuten und dann noch im Wasser, sieht jeder Kopf von Weitem gleich aus. So waren wir mit einem Rundblick sofort im Bilde, wo unsere Kinder steckten.
Mit Mister Diabetes am Strand und im Restaurant
Kommen wir zu unserem Familienanhängsel, Mister Diabetes. Anfangs machte ich mir noch Gedanken, wie wir das managen sollten. Doch schon nach dem ersten Tag gingen wir recht entspannt an die Sache heran. Unser Sohn war den ganzen Tag in Bewegung und hat, wie wir alle, nur gefrühstückt und danach hauptsächlich Flüssignahrung zu sich genommen. Wir maßen immer mal wieder den Blutzucker und schlossen die Pumpe an, wenn er mit den Kindern Sandburgen baute oder mit uns an der Bar saß. Auf diese Weise gab es kaum hohe Werte. Gegen 17 Uhr brachen wir auf, um in unserer Ferienwohnung zu Duschen und uns fürs Essengehen fertigzumachen. Die erste Woche probierten wir einige Restaurants aus und in der zweiten Woche, besuchten wir nur noch unsere Favoriten.
Die ungarische Küche war wirklich sehr lecker! Unser Sohn hat ordentlich zugelangt und sich durch Vorspeise, Hauptgericht und Nachtisch gefuttert. Meist bestanden die Gerichte aus sehr diabetesfreundlichen Zutaten. Es gab viel Reis, Kartoffeln, Brot zum Gulasch oder Nudeln. So war das Abschätzen eigentlich keine große Sache. Einmal durften die Kinder abends eine Pizza essen. Dazu muss ich kurz erklären, dass Pizza, Pommes und Schnitzel bei einem Restaurantbesuch nicht erlaubt sind. Das hat rein gar nichts mit dem Diabetes zu tun, sondern wir sind der Ansicht, dass wenn man zum Essen ausgeht, dann nicht nur um satt zu werden, sondern um die landestypische Küche kennenzulernen.
Nach dem Essen gingen wir zum unteren Strand, wo ich mindestens zwei Cocktails schlürfte, während die Kinder auf dem Klettergerüst herumturnten. Gegen 22 Uhr langen wir meist schwitzend in unseren Betten und am nächsten Tag ging alles wieder von vorne los.
Zum Schluss
Dieser Familienurlaub war wirklich ganz anders gewesen! Wir hatten einen richtigen Sommer, Sonne, viel Wasser und Strand. Ja es war langweilig, schwitzend stundenlang am Strand zu liegen aber ich und mein Mann waren danach rundherum erholt! Mister Diabetes hat super mitgemacht und uns bis auf einen kleinen Abszess, an der Einstichstelle vom Katheter, keine Probleme bereitet. Trotzdem möchte ich das nächste Mal doch lieber wieder den Familienstandardurlaub. Ich will mich wieder beim Vorzelt aufbauen mit meinem Mann streiten. Ich will Rad fahren, wandern und Sehenswürdigkeiten angucken. Nur das warme Wasser, das werde ich vermissen!
Dieses Jahr haben wir nicht gerade einen Jahrhundertsommer, doch egal wo Ihr auch seid, ich wünsche Euch eine erholsame Zeit und natürlich allseits gute Werte!
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