Die meisten Kinder, bei denen Typ-1-Diabetes diagnostiziert wird, haben keine nahen Verwandten mit derselben Autoimmunerkrankung. Forschende haben daher in einer aktuellen Studie die verschiedenen Stadien genauer untersucht, die Kinder vor dem Ausbruch eines Typ-1-Diabetes durchlaufen.
bis heute ist unklar, wann und warum genau ein Typ-1-Diabetes entsteht. Nun haben Forscher*innen in einer neue Studie Erkenntnisse zum Entstehungsprozess zusammengetragen, die bisherigen Annahmen widersprechen. Wir danken unserem Wissenschaftspartner DiabInfo für den Hinweis auf die Studie.
Auslöser Immunreaktion
Wenn man sich mit dem Thema Diabetes beschäftigt, stolpert man schnell über Begriffe wie „Diabulimie“, „Fett-Protein-Einheit“ oder „LADA“. Für all diejenigen unter Ihnen, die unsicher sind, was diese und andere Ausdrücke genau meinen, haben wir die Reihe „Diabetes-Begriffe erklärt“ ins Leben gerufen. Wir danken unserem Experten Prof. Dr. Baptist Gallwitz für seine Unterstützung bei der Erstellung der Reihe.
An der Universität Leipzig wird seit Jahren zu einer bedeutenden Begleiterscheinung von Diabetes geforscht: der Adipositas. Die Biologin Dr. Kathrin Landgraf untersucht im SFB 1052 „ObesityMechanisms“ mit anderen Wissenschaftler:innen verschiedener Fachdisziplinen Ursachen, Präventions- und Therapieansätze dieser Erkrankung. Ihr Kollege Dr. Robert Stein forscht verstärkt an klinischen Ansätzen, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. Die beiden berichten im Interview anlässlich des Welttags Diabetes am 14.November über ihre Forschungen im Team von Prof. Dr. Antje Körner im pädiatrischen Forschungszentrum der Universitätsmedizin Leipzig.
Warum erkranken manche Kinder und Erwachsene an Diabetes und andere nicht?
Ein immer wieder diskutiertes Thema in der aktuellen Coronavirus-Pandemie ist der Zusammenhang zwischen Diabetes und der Wahrscheinlichkeit von schweren Verläufen bei einer Covid-19-Erkrankung. Im Folgenden möchten wir Ihnen vier neuere Studien zum Thema vorstellen.
In einer Studie von der MedUni Innsbruck stellen die Forscher fest, dass 85 % der Patienten, deren Covid-19-Erkrankung auf der Intensivstation behandelt werden musste, Diabetes oder Prädiabetes hatten. Bemerkernswert daran ist, dass nur bei sieben der insgesamt 47 schwer Erkrankten der Diabetes bereits im Vorfeld bekannt war. In allen Fällen handelte es sich um einen Typ-2-Diabetes. Die behandelnden Ärzte bemerkten die erhöhten HbA1c-Werte im Rahmen der Blutuntersuchungen, die bei den Corona-Patienten gemacht wurden. Im Gegensatz zu früheren Studien, die weitere Risikofaktoren wie Übergewicht, Bluthochdruck und Gefäßerkrankungen in den Mittelpunkt stellten, hatten von den Innsbrucker Intensivpatienten nur 36 % einen BMI über 30 kg/m2.
Für die Entwicklung eines Typ-1-Diabetes sind genetische Faktoren und Umwelteinflüsse relevant. Auch Infektionen können die Pathogenese triggern. Daher ist bereits früh nach Auftreten der SARS-CoV-2-Pandemie untersucht worden, ob es eine Assoziation zur Inzidenz von Typ-1-Diabetes bei Kindern gibt. In mehreren Analysen, darunter aus dem deutschen Diabetes-Register DPV (1), hatte sich eine erhöhte Inzidenz von Typ-1-Diabetes im zeitlichen Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie ergeben (+ 15 %). Nun ist die Frage, ob SARS-CoV-2-Infektionen und die Entwicklung von Typ-1-Diabetes zusammenhängen könnten, in einer Analyse von Daten 2er großer Register in Colorado, USA, und aus Bayern untersucht worden (2).
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Kiel – Kann das SARS-CoV-2 die Betazellen zerstören und dadurch einen Typ-1-Diabetes auslösen? In vielen Ländern haben Diabetologen während der ersten Welle der COVID-19-Pandemie ungewöhnliche Neuerkrankungen am Typ-1-Diabetes beobachtet, wie einen Fall, über den jetzt in Nature Metabolism (2020; DOI: 10.1038/s42255-020-00281-8) berichtet wurde.
Das Darmbakterium Parabacteroides distasonis könnte als Teil der Darmflora die 1. Stufe einer Autoimmunkaskade darstellen, die über Insulinantikörper und Betazell-Zerstörung in einen Typ-1-Diabetes mündet. Dies berichteten US-Forscher unlängst in „PNAS“.
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Berlin – Nach Katastrophen wie dem Gau im Kernkraftwerk Tschernobyl 1986 und dem Erdbeben in Los Angeles 1994 stiegen die Neuerkrankungen für Diabetes mellitus Typ 1 bei Kindern und Jugendlichen deutlich an. Ob sich die Corona-Pandemie ähnlich dramatisch auf die hiesige Erkrankungsrate ausgewirkt haben, oder der Lockdown sogar Virusinfekte verringert und dadurch die Erkrankungsrate gesenkt haben könnte, gingen nun Autoren eines Short-Reports im Fachjournal „Diabetes Care“ nach. „Denn nicht nur Stress gilt als Risikofaktor für Diabetes Typ 1. Auch Virusinfekte können die Stoffwechselerkrankung mit verursachen“, erklärt Professor Dr. med. Andreas Neu, Vizepräsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG).
Boston – Das Darmbakterium Parabacteroides distasonis, ein Bestandteil der Darmflora, könnte der Trigger für die Autoimmunreaktion sein, die in den ersten Lebensjahren zur Bildung von Insulinantikörpern führt, die später die Beta-Zellen zerstören und einen Typ-1-Diabetes auslösen. Dies berichten US-Forscher in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS 2022; DOI: 10.1073/pnas.2120028119).
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Bei Kindern aus ländlichen Gegenden zeigt sich ein höheres Risiko an Diabetes Typ1 zu erkranken, als bei Kindern aus der Stadt. Dies wurde nun von einem Forscherteam in NRW anhand der Daten aus dem Diabetes Register festgestellt. Insgesamt wurden über 6000 Kinder und Jugendliche unter 20 Jahre über einen Manifestationszeitraum von 2007 bis 2014 erfasst.
Über zwei Millionen Eltern sind von mehr als 6300 Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzten über die Ursachen und Gefahren von Diabetes Typ 1 aufgeklärt worden. Das ist die positive Bilanz der Aufklärungskampagne zur Früherkennung des Typ-1-Diabetes bei Kindern und Jugendlichen. Initiiert wurde die Aktion vor zwei Jahren von der Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Diabetologie (AGPD) der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ).
Viren stehen schon lange im Verdacht das Risiko für Typ-1-Diabetes zu erhöhen. Jetzt zeigt eine Studie: Hartnäckige oder wiederholte Enterovirus B-Infektionen im Kleinkindalter können dazu beitragen, dass das körpereigene Abwehrsystem die insulinproduzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse angreift. Das Entstehen eines manifesten Typ-1-Diabetes scheinen die Infektionen hingegen nicht zu beeinflussen.
Löst das SARS-CoV-2-Virus bei Kindern und Jugendlichen einen Diabetes mellitus aus? Dieser Vermutung ging unlängst eine Studie der US-Gesundheitsbehörde CDC (Center for Disease Control and Prevention) nach, die derzeit breit diskutiert wird1. Darin scheinen die Autorinnen und Autoren einen Zusammenhang zwischen einer COVID-19-Infektion und einer anschließenden Diabeteserkrankung zu erkennen. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) weist auf gravierende methodische Schwächen der Studie hin, die die Studienergebnisse relativieren. Es seien weitere Studien über einen längeren Zeitraum mit konsistenten und größeren Datenmengen erforderlich, um Klarheit zu schaffen.
Ein seit Jahren von der DDG gefordertes Nationales Diabetesregister sowie eine elektronische Diabetesakte könnten auch hierzu bessere Erkenntnisse liefern.
Ein neues Modell zur Risikoabschätzung bei Kindern mit erhöhtem familiären Risiko für Typ-1-Diabetes zeigt, dass das Risiko, die Krankheit zu entwickeln, mit zunehmendem Alter exponentiell sinkt. Wenn bis zum Erreichen des Teenager-Alters keine Autoantikörper entwickelt wurden, sinkt das Risiko auf das Niveau der Allgemeinbevölkerung von 0,4 Prozent.
Belfast – Die Zahl der Erkrankungen am Typ-1-Diabetes bei Kindern nimmt derzeit in Europa um 3,4 Prozent pro Jahr zu. Sollte der in Diabetologia (2018; doi: 10.1007/s00125-018-4763-3) berichtete Trend anhalten, dann könnte sich die Zahl der Erkrankungen in den nächsten 20 Jahren verdoppeln. Einige Regionen verzeichnen eine zyklische Zunahme, für die es bisher keine Erklärung gibt.
Wissenschaftler des DFG Research Center for Regenerative Therapies Dresden (CRTD), des Helmholtz Zentrums München und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) haben bei vier kürzlich entdeckten Autoantigenen eine Verbindung zu Autoimmunerkrankungen nachgewiesen, die mit dem HLA Genotyp vergesellschaftet sind. Der HLA-Genotyp spielt beispielsweise bei der Krankheitsentwicklung des Typ-1-Diabetes eine Rolle. So sind HLA-Gene bekannt, welche die Empfänglichkeit für Typ-1-Diabetes verstärken oder mindern. Autoantikörper, die sich gegen diese neuen Antigene richten, treten offenbar bei Patienten mit bestimmten Genotypen kurz nach Ausbruch des Typ-1-Diabetes gehäuft auf.
In den letzten Wochen ist eine Nachricht durch die Presse gegangen, dass ein 19-Jähriger nach überstandener Sars-CoV-2-Infektion neu an Typ-1-Diabetes erkrankt ist und dass möglicherweise die Infektion mit dem Coronavirus der Auslöser für die Diabeteserkrankung war (siehe z.B. dieser Spiegel-Artikel). Doch handelt es sich hier um einen Einzelfall oder hat die Coronavirus-Pandemie tatsächlich dazu geführt, dass mehr Menschen neu an Typ-1-Diabetes erkrankt sind?
Neuherberg, 4. Mai 2016. Virale Atemwegsinfektionen in den ersten sechs Lebensmonaten sind mit einem erhöhten Risiko für Typ-1-Diabetes assoziiert. Zu diesem Ergebnis kommt ein Wissenschaftlerteam des Helmholtz Zentrums München im Rahmen einer Studie, die in der aktuellen Ausgabe des renommierten US-Magazins ‚JAMA‘ erscheint.
Für ihre Studie untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Prof. Dr. Anette-Gabriele Ziegler, Direktorin des Instituts für Diabetesforschung (IDF) am Helmholtz Zentrum München, anonymisierte Daten von fast 300.000 Kindern, die zwischen 2005 und 2007 in Bayern geboren worden waren. Das sind etwa 85 Prozent aller bayerischen Neugeborenen aus diesem Zeitraum. Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) hatte das Datenmaterial für Forschungszwecke zur Verfügung gestellt.
In einem interessanten Bericht der Medical Tribune, wird beleuchtet, welche Ursachen der Grund dafür sein könnten, weshalb sich die Häufigkeit von Typ 1 Diabetes um jährlich rund 3-4% erhöht.
Faktoren, die hier in Betracht gezogen werden, sind z.B. das Durchschnittsalter der Mütter bei der Geburt, das Geburtsgewicht, der Verzehr von Kuhmilch und Gluten sowie der Einfluss von Viren.
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