Mütterlicher Typ-1-Diabetes: Neue Studie findet möglichen Schutzmechanismus für Kinder
Kinder, in deren Familie Typ-1-Diabetes vorkommt, haben ein deutlich erhöhtes Risiko, selbst zu erkranken. Spannend ist dabei ein Befund, den Fachleute schon länger beobachten: Kinder von Müttern mit Typ-1-Diabetes erkranken seltener an Typ-1-Diabetes als Kinder von betroffenen Vätern oder Geschwistern – obwohl die genetische Veranlagung vergleichbar ist.
Eine neue Studie von Helmholtz Munich, der Globalen Plattform zur Prävention des Autoimmunen Diabetes (GPPAD) und der TU Dresden, veröffentlicht in Nature Metabolism, liefert nun einen wichtigen Puzzlestein für eine mögliche Erklärung: epigenetische Veränderungen.
Was wurde untersucht?
Das Forschungsteam hat Blutproben von 1.752 Kindern mit erhöhtem genetischem Risiko für Typ-1-Diabetes analysiert. Darunter waren:
- 790 Kinder von Müttern mit Typ-1-Diabetes
- 962 Kinder ohne Mutter mit Typ-1-Diabetes
Bei den Kindern von Müttern mit Typ-1-Diabetes fanden die Forschenden bestimmte Veränderungen der DNA-Methylierung – also chemische Markierungen auf der DNA, die beeinflussen, wie Gene abgelesen werden.
Besonders betroffen waren Regionen, die:
- mit dem Immunsystem zu tun haben
- bekannte Risiko- bzw. Schutzgene für Typ-1-Diabetes enthalten (u. a. die MHC-Region und der HOXA-Gencluster)
Diese epigenetischen Muster scheinen bei manchen Kindern mit einem geringeren Risiko für Inselautoimmunität (also frühen Autoantikörpern gegen die insulinproduzierenden Zellen) verbunden zu sein.
Was bedeutet das für Familien?
Für Familien mit Typ-1-Diabetes ist die Botschaft zweigeteilt:
- Ja, das Risiko bei familiärer Vorbelastung bleibt erhöht.
Auch Kinder von Müttern mit Typ-1-Diabetes haben ein höheres Risiko als Kinder ohne entsprechende Familiengeschichte. - Aber: Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es im Mutterleib Faktoren geben könnte, die das Immunsystem des Kindes so beeinflussen, dass es etwas besser vor Inselautoimmunität geschützt ist.
Wichtig:
Die Studie zeigt keinen „Schutz-Trick“ für den Alltag und ist keine Empfehlung, Entscheidungen (z. B. zur Familienplanung) auf dieser Basis zu treffen. Sie hilft vor allem zu verstehen, wie Umweltfaktoren in der Schwangerschaft das Immunsystem des Kindes mitprägen können – und könnte langfristig helfen, neue Präventionsstrategien zu entwickeln.
Wie geht die Forschung weiter?
In einem Folgeprojekt soll nun genauer untersucht werden:
- Welche Risikogene durch mütterlichen Typ-1-Diabetes epigenetisch beeinflusst werden
- Ob ähnliche Effekte auch bei Kindern von Müttern mit Schwangerschaftsdiabetes auftreten
- Welche Eiweiße und Stoffwechselprodukte mit diesen epigenetischen Mustern zusammenhängen
Dafür werden Daten und Proben aus bekannten Studien wie BABYDIAB, BABYDIÄT, POInT und Fr1da ausgewertet. Gefördert wird das Projekt vom Leona M. and Harry B. Helmsley Charitable Trust.
Unser Fazit für euch
Die Ergebnisse sind ermutigend, weil sie zeigen:
Nicht nur die Gene entscheiden – auch die Bedingungen in der Schwangerschaft können das Risiko für Typ-1-Diabetes beeinflussen. Für betroffene Familien ist das ein wichtiges Signal, dass Forschung sehr konkret an Verständnis und möglicher Prävention arbeitet.
Für den Moment bleiben aber alle bekannten Empfehlungen gültig:
Früherkennung, Aufklärung in betroffenen Familien und ggf. Teilnahme an Studienprogrammen können helfen, ein hohes Risiko frühzeitig zu erkennen und Kinder bestmöglich zu begleiten.
Quelle:
Pressemitteilung „Mütterlicher Typ-1-Diabetes könnte durch epigenetische Veränderungen Schutzwirkung entfalten“ des Informationsdienst Wissenschaft (idw) und Helmholtz Munich vom 06.11.2025, basierend auf:
Ott et al. (2025), Blood methylome signatures in children exposed to maternal type 1 diabetes are linked to protection against islet autoimmunity, Nature Metabolism.
Forschung, Ursachen, Vererbung, Helmholz Zentrum, GPPAD
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