Geht wirklich keine Klassenfahrt?

Hallo Melanie,
ich drücke Euch auch beide Daumen u. hoffe, daß er mitfahren kann.

lg
Sigrid

hallo melanie unsere grundschule hat in einer konferenz entschieden,das kinder die medikamente nehmen müssen,nicht an der klassenfahrt teilnehmen dürfen.es betrifft meine tochter melina und ein mitschüler der adas hat. dann haben fast alle eltern beschlossen das ihre kinder dann auch nicht mitfahren.das ende vom lied ist jetzt,das garkeine klassenfahrt mehr stattfindet.wir haben dann ein brief an das schulamt geschrieben,auf die antwort warten wir noch.gruß andrea

Hallo Melanie,

um Dir innerlich den Rücken zu stärken für das Gespräch mit dem Rektor erstmal der rechtliche Hintergrund:

Kein Kind darf aufgrund einer Behinderung (und der Diabetes Deines Sohnes ist eine Behinderung in diesem Sinne) von schulischen Veranstaltungen ausgeschlossen werden. Wenn es also eine "Klassenfahrt" und nicht eine "Freizeitveranstaltung" ist, dann darf Dein Sohn teilnehmen. Ohne wenn und aber.

Dennoch: Kein Lehrer muß Therapiemaßnahmen durchführen (außer Notfallmaßnahmen), und kein Lehrer muß bei Therapiemaßnahmen assistieren. Sollten die Lehrer also nicht freiwillig dazu bereit sein, müssen andere Hilfen zur Sicherstellung der Therapie gewählt werden. Das kann entweder sein, daß Du mitfährst oder daß eine andere Begleitperson mitfährt, die sich um den Diabetes kümmern kann, oder daß vor Ort ein Pflegedienst kommt.

Dein Sohn ist ja nicht erst seit gestern Diabetiker, und er ist nicht erst seit gestern in der Schule. Es war also die Pflicht der Lehrer, bei der Planung der Klassenfahrt auch dies mit einzuplanen und mit Dir zu klären!

Die Realität sieht nun aber anders aus. Ganz wichtig erscheint mir, daß Dein Sohn tatsächlich mitkommen kann, wenn er sich das wünscht! Und deshalb solltest Du mit dem Rektor eine real durchführbare Lösung suchen. Sollten dadurch zusätzliche Kosten entstehen (weil Du z. B. in einem Hotel in der Nähe untergebracht werden müßtest), so werden diese nach Antrag durch die Schule und Dich vom Schulträger und der Sozialbehörde als Eingliederungsmaßnahme nach § 54 SGB 12 getragen, unabhängig von Deinem Einkommen und Vermögen.

Also, nicht entmutigen lassen, es muß einen gangbaren Weg geben, falls Dein Sohn sich die Teilnahme selbst zutraut!

Lieben Gruß und viel Kraft

Gottwalt

p.s.: Vielleicht als Beispiel: Als wir vor bald dreißig Jahren eine einwöchige Fahrradtour als Klassenfahrt machten, bauten wir für die zwei Rollstuhlfahrerinnen unserer Klasse selbst Rikschas, die dann von uns "starken Jungs" abwechselnd gefahren wurden. Die Zivis, die sowieso immer für die Betreuung der beiden notwendig waren, fuhren mit Auto und allem erforderlichen Zusatzgepäck immer voraus und halfen dann in den Jugendherbergen. Auch damals schon im Rahmen der Eingliederungshilfe.

Hallo Andrea,

das ist ja ein starkes Stück. Ich denke, so ein Passus in einer Schulordnung ist gar nicht legal - schließlich sollten alle Schüler die gleichen Erfahrungen in der Schule machen können.

Dass Ihr euch beschwert habt, findet ich sehr wichtig und ich würde auch weiter dafür auf die Barrikaden gehen.

Ich weiß ja nicht in welchem Bundesland Ihr wohnt, aber wenn Klassenfahrten zum schulischen Zusammenleben dazu gehören, dann dürfen keine Sonderregelungen z. B. aufgrund von Medikamentenpflichtigen Kindern gelten. Habt Ihr ein Schulprogramm, in dem Klassenfahrten aufgeführt werden? Dann würde ich auf Einhaltung des Schulprogrammes drängen - außerdem sind Klassenfahrten (egal wie lange) gut für die sozialen Beziehungen von Kindern, das zu verwehren ist ja wirklich gegen die Schulpädagogik.

Gilt das auch für Tagesausflüge?

Ich drücke euch die Daumen, dass bald eine gute Lösung für alle gefunden wird.

Liebe Grüße
Steffi

PS: @Melanie, was Gottwalt geschrieben hat, kann ich nur mit unterstreichen: Es ist eine Diskriminierung, wenn man nicht alles tut, alle an Klassenfahrten teilhaben zu lassen!

Hallo alle zusammen!

Ich stehe genau vor dem gleichen Problem. Meine Tochter darf auch nicht mit
zur Klassenfahrt. Allerdings habe ich mich mit der Schule Gütig
geeinigt. Erst wollte man das ich als Aufsichtsperson mitfahre, dann sollte ich
doch lieber mit meiner Tochter, in einem nahegelegenen Hotel übernachten.
Also das Kind morgens zur Jugendherberge hin bringen, spät abends wieder
abholen. Das wollte ich nicht. Die Kinder haben auch über nacht noch sehr viel Spaß.
Dann sollte nur ich in einem Hotel schlafen und für Notfälle zur
Verfügung stehen.
Jezt hatte ich ein Gespräch mit der Schulleitung und allen mitfahrenden Lehrern.
Dabei kam heraus, das die Schule schon negativ Erfahrungen hatte mit einen DM Kind.
Das Kind ist damals ins Koma gefallen. Die Lehrer hatten damals keine Ahnung von
DM und heute auch nicht viel mehr. Sie haben einfach Angst.
Jezt habe ich die Anmeldung zur Klassenfahrt zurück gezogen, unter der Voraussetzung
das alle Klassenlehrer, die ein Chronisch Krankes Kind in der Klasse haben, an einer
Schulung teilnehmen oder ein Beratungsgespräch mit den jeweiligen Ärzten haben.
Das habe ich sogar schriftlich von der Direktorin bekommen.
Jezt warte ich bis zur nächsten DM Schulung ab, was passiert.
Meine Tochter findet es zwar blöd, das sie nicht mitfahren darf, aber dafür auch wieder ganz toll das ich mich auch für andere Kinder stark mache.
(Ich hoffe ich bin stark genug)

lg Sabine

So, das Gespräch mit dem Rektor ist gerade zuende.
Nur geändert hat sich nichts. Die Klassenfahrt wird von den Lehrern freiwillig durchgeführt und dadurch kann er als Rektor keine seiner Lehrkräfte dazu zwingen die Verantwortung zu übernehmen. An ein oder zwei Tagen kann ich mit meinem Sohn dann da hin fahren und die Unternehmungen mitmachen aber mehr geht halt nicht.
Auf die Frage warum nicht bei der Planung schon dran gedacht wurde das ja ein Diabetiker mitkommt, wusste er auch keine Antwort und die ehemalige Klassenlehrerin hat es überhaupt nicht weitergegeben das ich mitgefahren wäre.
Naja, Tobi ist zufrieden damit das er 5 Tage lang Hilfslehrer sein darf und auf die nächste Klassenfahrt fährt er sicher mit.

Hallo Melanie,

auch wenn es nichts hilft, macht mich eine derartige Reaktion immer wieder wütend, weil da einfach Dinge zum Nachteil unserer Kinder willkürlich vermischt werden!

Natürlich kann kein Rektor seine Lehrer zwingen, einen Diabetiker angemessen zu betreuen! Weder bei einer Klassenfahrt noch sonstwo. Aber er kann und muß seine Lehrer dazu anhalten, dann die geeigneten Hilfsmaßnahmen in Absprache mit den Eltern und Behörden zu ergreifen!

Das sind einfach zwei verschiedene Paar Stiefel, und auch wenn es ärgerlich ist, daß die vorherige Lehrerin nicht vollständig informierte, hätten sich die nun verantwortlichen Lehrer kümmern MÜSSEN! An dem Punkt endet die Freiwilligkeit.

Lieben Gruß

Gottwalt

Hallo Melanie,
habe Deinen Eintrag gerade erst gelesen und ich denke da er schon ein Weilchen her ist, war die Klassenfahrt bereits oder auch "nicht"?
Mein Sohn ist 10 Jahre und hat im September an der Abschlußfahrt seiner 4 Klasse der Grundschule für 1 Woche nach Cuxhaven teilgenommen.
Er ist Pumpenträger und kommt eigentlich schon gut allein mit vielem zurecht.
Allerdings hätte ich ihn für 1 Woche jetzt auch nicht alleine mitfahren lassen.
Darum habe ich mir eine kleine Ferienwohnung in der Nähe genommen und bin mehrmals am Tag, also zu den Essensmahlzeiten und vor allem vorm Schlafen nochmal schnell rüber.
Das war auch mit der Klassenlehrerin abgesprochen.
Zuerst war die ersten 2 Tage etwas Chaos, die BLZ Werte von hoch bis tief und ich habe auch nicht besonders geschlafen....
Aber dann hat sich alles eingespielt und Joel hat mich jeden Abend nochmal kurz vorm schlafen angerufen und seinen letzten Wert durchgegeben.
Mein Fazit: Wieder einen Schritt mehr in Sachen Selbständigkeit und was ich meinen Sohn schon zutrauen kann, auch ein schönes Gefühl
Alles Gute
Dani

Hallo liebe Melanie. Auch ich bin Diabetiker. Mein Sohn hat seit Februar diesen Jahres auch Diabetes. Wir haben eine sehr gute Klassenlehrerin. Sie ist dankbar dafür, wenn ich auf Fahrten mitkomme. Sollte euer Kind weiterhin nicht an der Klassenfahrt teilnehmen dürfen, kämpft weiter. Keiner darf wegen einer Krankheit ausgegrenzt werden. Unsere Ärztin war wegen einer Ausgrenzung eines anderen Kindes sogar mal in der Schule, um den Lehrern zu beweisen, daß ein Diabetiker nicht behindert ist. Viel Glück weiterin. Gustel

Hallo Gustel,

entschuldige bitte, aber jetzt muß ich ganz laut aufschreien!

Natürlich ist ein Diabetiker "behindert"! Und gerade deshalb darf er nicht von Schulveranstaltungen ausgeschlossen werden!
Ausführlicher: Ich zitiere den Wortlaut aus dem Sozialgesetzbuch 9, Paragraph 2, Satz 1:

Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

Das gilt also ebenso z. B. für Asthmatiker, Epileptiker und viele andere chronisch Kranke.
Und dank der Antidiskriminierungsgesetze DÜRFEN BEHINDERTE NICHT AUFGRUND IHRER BEHINDERUNG BENACHTEILIGT WERDEN, mit anderen Worten, es muß alles Erdenkliche getan werden, um die Folgen der oben genannten Abweichung zu kompensieren. Und dafür gibts dann wieder das Sozialgesetzbuch 12, das die Eingliederungshilfe ermöglicht.

So, das mußte mal wieder gesagt werden.
Selbstverständlich sind unsere Kinder "ganz normale" Kinder, die lediglich ihr Insulin benötigen und ihre entsprechend bilanzierten Mahlzeiten und ihre Blutzuckerkontrollen. Und sie benötigen ansonsten keine Sonderrolle, und sollen sie auch nicht haben. Natürlich soll sich kein Diabetiker "behindert" fühlen, aber auch Asthmatiker, Epileptiker, Neurodermitiker etc. sollen das nicht.
Nur: Es ist wichtig, in diesem Zusammenhang gerade die gesetzliche Einstufung zu betonen, also gerade umgekehrt zu argumentieren, denn ein "krankes" Kind darf tatsächlich von der Klassenfahrt ausgeschlossen werden, ein "behindertes" Kind jedoch nicht!

Lieben Gruß

Gottwalt