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Das Leben süß-sauer

Neue Serie auf Diabetes-Kids: „Leben süß-sauer“ Folge 1 Something got me started

„Leben süß-sauer“
Die neue Serie für Bauchspeicheldrüse und Zwerchfell auf Diabetes/Kids.de

Diabetes ist eine ernste Angelegenheit. Sicher. Aber hat das Leben mit der Krankheit nicht auch seine komische Seite? In der neuen Serie „Leben süß-sauer“ beantwortet Werbetexterin Melissa Guadagno diese Frage auf diabetes-kids.de einmal im Monat mit einem klaren Ja!

Melissa Guadagno ist seit 14 Jahren Diabetikerin und hat besonders als Kind und Teenager viele – mal mehr und mal weniger schöne – Erfahrungen gesammelt, die ihr mit gesunder Bauchspeicheldrüse verwehrt geblieben wären. Diese Erfahrungen hat sie nun aufgeschrieben – mal mehr und mal weniger wahrheitsgetreu, aber immer mit medizinisch nicht allzu wertvoller Sichtweise.

Folge 1 erzählt davon, wie alles anfing ...

Alle Namen sind natürlich verändert und frei erfunden und eventuelle Ähnlichkeiten absolut zufällig.

Something got me started

Es war der 15. Mai 1995. Mathe war ausgefallen, ich hatte gerade Taschengeld bekommen und mit Alexander aus der Parallelklasse hatte der offiziell als „süßester Boy“ der ganzen Schule geltende Junge mit mir gesprochen – eigentlich ein perfekter Tag im Leben eines Teenagers. Dennoch weinte ich an diesem Tag in drei Stunden so viel wie sonst nur Kleinkinder in den ersten drei Lebensjahren.

Meine Mutter und ich saßen auf den bunt angemalten Mini-Holzstühlen vor dem Schreibtisch meines Kinderarztes, und starrten Dr. Drömel mit ungläubigen Augen an. „Zucker“, hatte er gesagt. „Melissa, du hast Zucker.“

Zucker? Die Freunde meiner Großeltern hatten Zucker. Alte Menschen mit Übergewicht hatten Zucker. Aber ich? Ich hatte doch nur ein bisschen viel Durst. Außerdem war ich gerade elf und nicht neunzig! Und egal, wie viel Schokolade, Weingummi und Chips ich auch in mich hinein schaufelte, Übergewicht hatten bei mir höchstens die Sohlen meiner Plateau-Schuhe. Ich konnte also überhaupt nicht an Zucker erkrankt sein.

„So, und was ist wirklich los mit ihr?“, fragte schließlich auch meine Mutter, in der Annahme, Dr. Drömel habe sich einen Scherz mit uns erlaubt. Ha, ha – jetzt haben wir alle einmal herzlich gelacht und können uns anhören, welche niedliche und ungefährliche Kinderkrankheit sich die kleine Melissa wirklich eingefangen hat. Dr. Drömel fand das leider gar nicht lustig. Weder stimmte er in das hysterische Gemisch aus Gelächter und Geheule von Mutter und Tochter ein, noch zwinkerte er uns vielsagend zu, um im nächsten Moment laut „Veräppelt!“ zu schreien. Vielmehr nahm er einen Überweisungsschein in die Hand und schickte mich zur stationären Behandlung in eine Kinderklinik: „Da kennt man sich mit Zucker aus.“

Als meine Mutter und ich die Praxis des Arztes verließen, hatten wir unser Lachen auf den kleinen Holzstühlen gelassen, die angesichts meiner vermeintlichen Alte-Leute-Krankheit noch absurder erschienen. Obwohl ich noch gar nicht wusste, was diese ganze Zucker-Geschichte eigentlich für mich bedeutete, liefen mir die Tränen wasserfallartig das Gesicht hinunter und ließen mich dank des vor ein paar Wochen erstmalig erlaubten Lidschattens und Mascaras vermutlich wenig vorteilhaft aussehen.

„Und jetzt?“, fragte ich und wünschte mir trotz meines, wie ich damals fand, durchaus sehr erwachsenen Alters nichts sehnlicher als eine dieser Übermütter, die ihre Kinder immer gut behüten und ihnen niemals erzählen würden, dass es den Osterhasen gar nicht gibt, und den Weihnachtsmann erst recht nicht. „Der Onkel Doktor hat sich vertan. Du bist gesund, du musst nicht ins Krankenhaus.“ Das hätte sie sagen sollen. Mich umarmen, mich beruhigen, in den Schlaf wiegen und während ich träume, dafür sorgen, dass alles wieder in Ordnung kommt. Stattdessen schien sie ausgerechnet jetzt einzusehen, dass ich „alt genug“ war, wie ich in zahlreichen Diskussionen mit ihr immer wieder erfolglos betont hatte. „Tja, wenn du Zucker hast, dann fahren wir jetzt wohl mal da hin“, holte sie mich unbarmherzig in die Realität zurück und wusste dabei ebenso wenig wie ich, dass ich eigentlich gar nicht „Zucker“ hatte, sondern eine durchaus sehr häufig bei Kindern und Jugendlichen auftretende Krankheit mit dem wohlklingenden Namen Diabetes mellitus Typ I.

 

Hinweis von Diabetes-Kids.de:
Weitere Folgen der Serie „Leben süß-sauer“ werden wir ab sofort in regelmässigen Abständen hier veröffentlichen.
Herzlichen Dank an Frau Guadagno für diese tollen Geschichten.

Nächste Folge

Alle bisherigen Beiträge dieser Serie findet ihr hier

Buchtips, Lesetip

  • Erstellt am .
  • Aufrufe: 5561
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Diskutiert diesen Artikel im Forum (1 Antworten).
Utzschneider antwortete auf das Thema:
07 Feb. 2009 18:29
Ganz große Klasse. Ich werde je Folge meinem Sohn (13) audrucken und am Ende als Geschichte schenken. Es tut gut auch mal etwas humorvolles zu lesen bei aller Tragik. Sigi