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Urteil eines SG / Pflegestufe II zuerkannt!

BriniPaps
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Neuling
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Geschlecht: Mädchen
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Therapieform: CSII (Insulinpumpentherapie)
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27 Feb. 2008 14:10 #21548 von BriniPaps
Urteil eines SG / Pflegestufe II zuerkannt! wurde erstellt von BriniPaps
Hallo,

habe mal "gegooglet" und folgendes, rechtskräftiges Urteil eines Sozialgerichtes gefunden, nach welchem einem Kind mit DM Typ I sogar die Pflegestufe II zuerkannt wurde (Quelle:http://www.chrostek.de/recht/show_det.php?det=4)
Vielleicht nach einer Ablehnung Einspruch mit Hinweis auf dieses Urteil und den entsprechenden Begründungen einlegen.
Grüsse von Kai und Sabrina;)

SG Hamburg
23 P 63/95


1996-06-27

Ein Kind, welches an einem juvenilem Diabetes (Diabetes mellitus Typ 1) leidet und bei den Blutzuckermessungen, den Bestimmungen der benötigten Insulinmengen, deren Injektionen sowie bei Zusammenstellung und Einteilung der - spezielle Einkäufe erfordernden - Mahlzeiten mit dem Berechnen der Broteinheiten der Hilfe bedarf, kann die Voraussetzungen der Pflegestufe II nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 SGB XI erfüllen.
Grund: Das Berechnen, Zusammenstellen und Abwiegen der Mahlzeiten gehört zum mundgerecht "Zubereiten" der Mahlzeit, und die Insulininjektionen sind ein Teil der Nahrungsaufnahme.

Sachverhalt:
Die Klägerin ist 1987 geboren und leidet seit 1991 an einem Diabetes mellitus (Typ I)

Im Januar 1995 beantragte sie Pflegegeld nach § 37 SGB XI.

Am 1. 2. 1995 wurde sie darauf für den MDK von dem Internisten Dr. F. begutachtet; dieser meinte, daß im Bereich Körperpflege, Ernährung oder Mobilität kein das altersübliche Maß überschreitender Pflegebedarf bestehe; ein erheblicher Aufwand bestehe aber in folgendem: "6 Mahlzeiten pro Tag, spezielle Zusammenstellung nach Energiegehalt. 3 regelmäßige Injektionen + 1 variable Injektion mit Insulin. Blutzuckerkontrollen mind. 6 x tägl., gelegentlich auch 1 x nachts. Zeitbedarf: BZ-Kontrolle + Injektionen 60 - 90 min/Tag. Spezielle Einkäufe, spezielle Nahrungszubereitung zeitlich kaum bestimmbar, vielleicht 1 - 2 Std/Tag. Spezielle Arztbesuche ca. alle 2 - 3 Monate.'

Mit Bescheid v. 17. 3. 1995 lehnte die Beklagte den Antrag ab.

Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch macht die Klägerin geltend, daß sie zu den Blutzuckermessungen, Berechnungen der Insulinmengen und Injektionen noch nicht in der Lage sei, sondern dies durch ihre Eltern erfolgen müsse; sie könne auch die erforderlichen Broteinheiten für ihre zu immer gleichen Zeiten einzunehmenden Mahlzeiten nicht allein berechnen, vielmehr müßten die Zubereitung, Berechnung und Einteilung der Mahlzeiten ebenfalls durch ihre Eltern vorgenommen werden, sie müsse auch immer wieder aufgefordert werden, ihre Mahlzeiten einzunehmen, bei den Mahlzeiten permanent überwacht und auch aufgefordert werden, aufzuessen. Bei Krankheit, Infektionen, Unwohlsein usw. komme es zu starken Blutzuckerschwankungen und es müßten dann bis zu 10 Messungen am Tag erfolgen, bei Blutzuckerschwankungen entständen massive Unterzuckerungen, die sehr plötzlich auftreten könnten, deren Symptome sie aber noch nicht erkenne, so daß sie ständig beaufsichtigt werden müsse; bei Veranstaltungen müsse sie ständig begleitet und beaufsichtigt werden. Die für sie täglich nötigen Hilfen begännen mit der Besprechung, Berechnung, Abwiegen und Einteilen des Frühstücks und dessen Überwachung, was mindestens 45 Minuten ausmachte. Während weiterer ca. 15 Minuten müsse ihr Schulbrot vorbereitet, im Falle von Sportunterricht eine zusätzliche Broteinheit abgewogen und zubereitet, alles auf verschiedene Dosen verteilt und gekennzeichnet werden. Beim Einkaufen entstehe ein zusätzlicher Zeitaufwand von einer halben Stunde. Die Zubereitung des Mittagessens ergebe einen zusätzlichen Zeitaufwand von mindestens einer dreiviertel Stunde, zuzüglich mindestens 20 Minuten für die Überwachung der Mittagsmahlzeit. Die Absprache, Berechnung und Zubereitung der Nachmittagsmahlzeit erfordere weitere mindestens 30 Minuten; sei sie zu einem Geburtstag eingeladen, müsse sie begleitet werden. Abwiegen, Einteilen und Überwachen des Abendessens dauere mindestens 75 Minuten. Bei Blutzuckerschwankungen, die leider häufiger vorkämen, müsse auch nachts bis zu 3 x der Blutzucker gemessen werden. Bei Unterzuckerungen müsse sie Traubenzucker nehmen, dessen Einnahme genau überwacht werden müsse. Neben den regelmäßigen Besuchen bei ihrer Kinderärztin müsse sie alle 8 - 10 Wochen zur Diabetesambulanz ins Krankenhaus.

Die Beklagte holte eine weitere Stellungnahme des MDK v. 20. 7. 1995 ein; darin hieß es, daß ein erheblicher zeitlicher Aufwand der "Behandlungspflege" (Injektionen, BZ-Bestimmungen, Urinketonbestimmungen) sowie Belastungen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung (Einkaufen und Zubereiten der strengen Diabetes-Diät) entstünden, aber kein erhöhter Hilfebedarf für die Grundverpflege bestehe.

Die Beklagte wies den Widerspruch zurück.

Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig.

Die Klägerin hat ab 1. 4. 1995 Anspruch auf Pflegegeld nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB XI; denn sie ist pflegebedürftig iS. des § 14 SGB XI und erfüllt die Voraussetzungen der Pflegestufe II (§ 15 Abs 1 Nr- 2 SGB XI)-

Dies konnte die Kammer angesichts des aus den Akten vollständig - einschließlich der mit den von der Beklagten eingeholten Gutachten genügend erhellten, ärztlich zu beurteilenden Gesichtspunkte - sich ergebenden Sachverhalts mit dem von den Beteiligten erteilten Einverständnis ohne mündliche Verhandlung erkennen.

Die Kammer brauchte dabei nicht darüber zu befinden, inwieweit die nach § 17 SGB XI erlassenen Pflegerichtlinien (PfIRi) rechtmäßig sind; denn die Klägerin erfüllt auch die Voraussetzungen der Pflegestufe II nach 4.1.2 PflRi.

Freilich umfaßt die Pfegeversicherung nach § 14 SGB XI kaum mehr als die animalischen Bedürfnisse des Menschen, nämlich über äußerliche Dinge wie: ernährt, gesäubert und gekleidet sein hinaus - nicht die wesentlich das Menschsein ausmachenden seelischen Bedürfnisse, wie insbesondere die der persönlichen Entwicklung, Betätigung und Kommunikation, und es ist hiernach unerheblich, welchen Hilfebedarf ein Mensch insgesamt hat, wenn er bei den in § 14 Abs. 4 abschließend aufgezählten "Verrichtungen" nicht in dem in § 15 beschriebenen Umfang der Hilfe bedarf.

Es wirkt sich deshalb auf die Frage, welche Pflegestufe die Klägerin erfüllt, nicht aus, welche Belastung es für sie und insbesondere ihre Eltern bedeutet, daß sie an einer Krankheit leidet, deren Folgen sie solange überhaupt nicht spürt, wie die diffizilen Regeln der Insulingaben und Mahlzeiten penibel eingehalten werden und auch durch sonstige Einflüsse keine Unregelmäßigkeiten auftreten, die aber außerordentlich schnell zu leben-bedrohlichen Zuständen führt, sofern die genannten Regeln nicht genau genug eingehalten oder es zu sonstigen Unregelmäßigkeiten gekommen ist, und sie allein in ihrem Alter hiermit noch völlig überfordert wäre, gleichzeitig aber schon laufend darauf vorbereitet werden muß, ihr Leben selbständig zu führen.

Damit, ob sich hieraus verfassungsrechtliche Einwände gegen diese Beschränkungen des SGB XI herleiten lassen oder angesichts des gerade im Sozialleistungsbereich verfassungsrechtlich außerordentlich weitreichenden Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers diese Beschränkung nicht zu beanstanden ist, brauchte sich die Kammer ebenfalls nicht zu befassen. Die Klägerin bedarf nämlich mehr als dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bei zwei der in § 14 Abs. 4 genannten Verrichtungen:

dem mundgerechten Zubereiten und
der Aufnahme der Nahrung,

und zusätzlich mehrfach in der Woche einer ebenfalls über den bei einem gleichaltrigen gesunden Kind erheblich hinausgehenden Umfang Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung, und zwar beim Einkaufen.

Nach Ansicht der Kammer ist das bei der Klägerin nötige Berechnen, Zusammenstellen und Abwiegen der Mahlzeiten nämlich nichts anderes als das "mundgerechte Zubereiten"; denn "mundgerecht" ist für die Klägerin angesichts ihrer Behinderung nicht ein nur schon auf ihren Teller nebst Besteck gelegtes Essen, sondern - genauso, wie bei anderen Behinderungen das Essen erst durch Aufteilen in Bißportionen "mundgerecht" zu bereiten ist - erst ein in die jeweils passenden Broteinheits-Portionen aufgeteiltes Essen.

Anders ausgedrückt: Ohne die umfangreichen Vorbereitung ihrer Mahlzeiten würden sie ihr nicht "munden", sondern sie im Gegenteil in Lebensgefahr bringen.

"Nahrungsaufnahme"; denn Insulingabe und Essen lassen sich beim kindlichen Diabetes mellitus I nicht voneinander trennen, und ohne das in jeweils genau berechneter Menge ihr zugeführte Insulin hätte die Aufnahme der Nahrung nicht die von § 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI erfaßte, lebenserhaltende Funktion ihrer Ernährung, sondern wäre stattdessen lebensbedrohlich.

Sowohl die zu diesen beiden Verrichtungen unmittelbar zugehörigen Blutzuckerbestimmungen als auch die Insulinspritzen bleiben auch - im Gegensatz zur Annahme der Beklagten - bei der Bestimmung des erheblichen Pflegebedarfs der Klägerin nicht etwa als "Behandlungspflege" unberücksichtigt.

Nach §§ 14, 15 SGB XI bleiben nämlich als Behandlungspflege - ebenso wie nach § 53 SGB V a. F. - nur Pflegemaßnahmen unberücksichtigt, die im Rahmen ärztlicher Verordnung von entsprechend vorgebildeten Kräften erbracht werden (vgl. - zu § 53 SGB V - die - z. Z. nur anhand der Pressemitteilung 27/96 erkennbare - Entscheidung des BSG v. 17. 4. 1996 3 RK 28/95).

Nach den im Gutachten v. 1. 2. 1995 umschriebenen und von der Klägern zu ihrem Widerspruch detailliert aufgelisteten Zeitmehraufwendungen für die bei den zwei zur Grundpflege gehörenden Verrichtungen ihrer Ernährung und dem zu ihrer hauswirtschaftlichen Versorgung nötigen Einkaufen nötigen Hilfen bestehen auch weder daran, daß der Mehraufwand insgesamt durchschnittlich täglich drei Stunden übersteigt, noch daran, daß dabei der Mehraufwand für die Grundpflege eindeutig überwiegt, vernünftige Zweifel.

(Rechtskräftig)

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Babsi
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27 Feb. 2008 20:48 #21553 von Babsi
Hallo!!

Super, das Du dieses Urteil gefunden hast. Danke für den Tipp! Eigendlich wollte ich keinen Einspruch erheben, aber jetzt!!?? Mal schauen.

Vg Barbara

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Annette
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28 Feb. 2008 16:38 #21558 von Annette
Hallo,

das Urteil, ist aber auch ziemlich alt. Wenn ich bedenke, was ich damals noch alles für meinen Sohn habe verschrieben bekommen, das dürfen Kinderärzte schon lange nicht mehr verschreiben.

Ich glaube nicht, dass man sich unbedingt darauf beziehen kann, das ganze Gesundheitssystem hat sich seit der Zeit rapide geändert.

Annette

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Mic69
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29 Feb. 2008 07:49 #21567 von Mic69
Hi Brinipaps,

das Urteil ist durch die ständige anderslautende Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes nicht mehr verwendungsfähig.

Das SG Hamburg ist von den oberen Gerichten für diese Entscheidung gerügt worden, da es nicht den Richtlinien zur Anerkennung von Pflegeleistungen entspricht.

Diese Urteil ist genau genommen ein Fehlurteil.

Wenn du noch ein wenig googelst, wirst du auch die entsprechenden Folge (Berufungs-)urteile finden.

Es reicht nicht, wenn ein Urteil rechtskräftig ist, es muss auch die höheren Instanzen "überleben". Und das hat dieses Urteil leider nicht.

Gruß
Mic

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