Hallo,
bei mir ists ein anderer Grund, warum ich bis jetzt nicht geantwortet habe: Viele Fragen, antworten macht nur Sinn, wenn man sich Zeit nimmt, … und die fehlt ja leider oft, aber jetzt probier ich mal einen Anfang, mal schaun, wie weit ich komme
In welchem Alter wurde bei Ihrem Kind Diabetes diagnostiziert? Typ 1 oder Typ 2?
Mein Sohn war 9 Monate bei Diagnosestellung - Typ 1.
Gibt es Personen mit Diabetes in der Familie oder im Bekanntenkreis?
Familie: Die Tochter meines Mannes aus erster Ehe hat auch Typ 1 - im Bekanntenkreis haben wir nun auch schon einige Diabeteskinder, alles allerdings neue Bekannte/Freunde, die wir über das "Thema Diabetes" erst kennengelernt haben - also für uns ein positiver Nebeneffekt.
Hatten Sie Vorurteile bezüglich der Diagnose Diabetes? Falls Ja, welche und wie hat Sie das beeinflusst?
Nein, ich hatte keine Vorurteile, weil ich ja das Leben meiner Stieftochter (schon erwachsen) mit Diabetes kannte.
Was für Symptome gingen der Diabetes Diagnose voraus? Hat Ihr Kind zusätzliche Erkrankungen welche im Zusammenhang mit Diabetes stehen könnten?
Symptome … war bei uns schwierig, mein Sohn wurde fast noch vollständig von mir gestillt, daher fiel es weder auf, dass er mehr trank, … seine Windeln waren ohnehin immer voll … ich war mit ihm, weiß nicht wie oft, abwechselnd beim Kinderarzt, im Spital, weil er ständig irgendwie krank und zunehmend bewegungsunwilliger war, ich hatte einfach das Gefühl, das irgendetwas nicht stimmen kann … aber es hat wirklich sehr lange gedauert, bis ein Arzt in der Notaufnahme, nachdem er uns eigentlich schon wieder nach Hause schicken wollte mit den Worten: "Er schaut ja nicht so schlecht aus, er ist halt krank", dann doch sicherheitshalber ein Blutbild angeordnet hat … Blutzucker 900+
Bis jetzt keine zusätzlichen Erkrankungen.
Wie wurde Diabetes bei Ihrem Kind genau diagnostiziert?
Wie oben schon beschrieben über ein Blutbild.
Wie lange musste Ihr Kind nach der Diagnose im Spital sein?
Eigentlich weiß ich das gar nicht mehr ganz genau, … aber es waren so 8 bis 10 Tage.
Woraus bestand der erste Spitalaufenthalt? Folgten mehrere Spitalaufenthalte?
Einschulung, Einschulung, Einschulung, leider für meinen Geschmack viel zu viel Unnötiges dafür zu wenig der wirklich wichtigen Dinge. Ja, nach kurzer Zeit mussten wir wieder ins Spital, weil sich der Kleine im Spital einen bösen Magen- Darm-Virus eingefangen hatte.
Inwieweit hat die Erkrankung das Familienleben nach der Spitalentlassung verändert?
Schwer zu sagen, das Familienleben an sich hat sich gar nicht geändert, einige Pläne haben wir geändert, wie zB, dass ich weniger arbeiten ging, als geplant, wir haben bei unserem Arbeitgeber organisiert, dass wir bis zum Schuleintritt abwechselnd arbeiten gehen können, wir haben einen Kindergarten gesucht, der bereit war, das Management zu übernehmen, wir haben uns Zeit genommen, die neue Situation erst in Ruhe im Rahmen der Familie zu organisieren und gut in den Alltag zu integrieren. Da wir sehr "alte" Eltern sind mit schon erwachsenen Kindern, hat sich unser Focus, unsere neu und spät gegründete Familie zu genießen auch nach der Diagnose nicht verändert, der Focus war davor auf den Kindern und ist es danach noch immer, vielleicht ein wenig focusierter auf den Kleinsten.
Wie wurde Ihr Kind über Diabetes aufgeklärt und von wem?
Das machen wir Eltern, im Rahmen des Möglichen, unser Sohn ist ja noch immer sehr klein und hat da auch kaum Gesprächsbedarf, denn er kennt sein Leben ja nicht anders, ich glaube er findet es eher merkwürdig, dass nicht jeder eine Pumpe hat.
Wurden Sie als Eltern von Seite der Pflege genügend Unterstützt? Inwiefern wurden Sie Unterstützt?
Im Spital waren alle (zumindest der Großteil) sehr nett und hilfsbereit, allerdings hatten viele nicht wirklich Ahnung von Diabetes (Krankenschwestern/Pfleger), darüber hinaus waren alle ein bisschen überfordert, weil unser Kleiner damals bislang das erste so junge Kind mit Diabetes in der Klinik war. Vieles musste ich also selbst herausfinden, zB stillen und Insulin. Aber das war ohnehin die beste Schulung, denn wir waren von Beginn weg sehr stark involviert.
Was hätten Sie sich von Seite der Pflege zusätzlich oder noch mehr gewünscht?
Weniger ist oft mehr, manchmal mehr Feingefühl und Hausverstand als sture Vorschriften. Ich weiß noch, wie viele völlig sinnlose Einschulungen ich über mich ergehen lassen musste, warum, … nur weil es irgendeine Checkliste vorschreibt, sonst darfst du nicht nach Hause gehen. Mehr Eingehen auf die persönliche Situation … Beispiele: Vorstellen des Sportprogramms für Kinder (ab 8 Jahren!); tägliche Kontrolle (mehrstündig), ob ich in der Lage bin, Kohlenhydratangaben einer Packung zu entnehmen und im Taschenrechner eine BE auszurechnen; Einschulung über Nahrungsmittel über Tage, jeden Tag mindestens 2 Stunden, obwohl wir mehrfach darauf hingewiesen haben, dass mein Mann Koch ist und diesen Bereich seit Jahren unterrichtet, … Liste lässt sich beliebig fortsetzen.
Womit hatten Sie und ihr Kind zu Beginn die grössten Schwierigkeiten?
Unser Kind hatte gar keine Schwierigkeiten, weil er ja noch so klein war. Ich hatte am Anfang große Probleme damit, diesem winzigen Baby ständig irgendwo, irgendwelche Nadeln hineinzustechen, er tat mir so furchtbar leid, … bis ich draufgekommen bin, dass es diesem kleinen, winzigen Baby völlig egal war, wenn er in unseren Augen gesehen hat, dass es OK ist. Wir hatten am Anfang echt Stress beim Kathedersetzen, ich war jedesmal nassgeschwitzt und habe mich echt gefragt, wie ich das jemals alleine hinbekomme, … bis wir nach ein paar Tagen draufgekommen sind, dass der Kleine nur schreit, weil wir Stress machen, … also haben wir uns Zeit genommen und alles ganz in Ruhe gemacht, seither war alles OK.
Wie schnell wurden Sie und Ihr Kind instruiert? (Bezüglich Blutzuckermessen, Insulininjektion, Hypomassnahmen usw.)
Volles Programm, gleich am 2. Tag, da hat er nämlich schon seine Pumpe bekommen und schon am Abend war niemand im Spital, der sich damit auskannte, also musste ich selbst ran, SCHWITZ!
Woraus besteht die Therapie heute?
Insulinpumpe und der größte Segen: Libre
Wie sieht die Therapie in der Spielgruppe/Kindergarten/Schule aus? Inwiefern wurden die Betreuungspersonen dort geschult?
Kindergarten: Vormittagsjause wird über Bolus-Expert abgegeben - Menge der Nahrungsmittel schreibe ich für die Betreuer auf; Vormittags Kontrolle des Blutzuckers mit Libre - Gabe von Kohlenhydraten, wenn nötig (Nahrungsmittel sind von mir vorbereitet und mengenmäßig beschriftet), bzw. Korrektur über BolusExpert. Abgabe des Mittagsbolus über Bolus Expert - Menge der einzelnen Nahrungsmittel wird von mir gelistet. Nach dem Mittagessen holen wir ihn wieder.
Die Betreuungspersonen wurden von mir geschult.
Wie alt ist Ihr Kind heute und wie lebt es mit dem Diabetes? Wie leben Sie als Eltern heute mit dem Diabetes?
4,5 Jahre. Ich denke, für ihn ist es normal, er lebt gut damit und macht alles, was andere Kinder auch machen, ich finde nicht, dass es für ihn irgendwelche Einschränkungen gibt.
Wir leben ganz normal, Diabetes gehört dazu, aber läuft meist unauffällig nebenher. Was bleibt ist natürlich immer die Angst, dass noch was kommt, eine weitere Erkrankung, das belastet mich am meisten.
Was sind die besonderen Herausforderungen im Leben mit einem Diabetes-Kind?
Die Rahmenbedingungen so zu ändern, dass das Leben mit einem Diabetes-Kind keine Herausforderung mehr ist. Darüber hinaus vielleicht manchmal die Nächte.
Wo gibt es aus Ihrer Sicht Verbesserungspotenzial – in der Gesellschaft, im Gesundheitssystem …?
Die Gesellschaft zu ändern ist wohl schwierig, Aufklärungsarbeit muss in seinem Umfeld wohl jeder selbst leisten. Ich finde es aber durchaus verständlich, dass nicht jeder über Diabetes, insbesondere die Unterschiede zwischen Typ I und Typ II bescheid weiß. Ich kenne mich ja auch nicht mit jeder Krankheit aus, sonst wäre ich ja Ärztin, und selbst da ist es eher unwahrscheinlich.
Für unser Gesundheitssystem bin ich wirklich dankbar, woanders müsste ich seine tollen Heilbehelfe vielleicht alle selbst finanzieren, das könnte ich nicht.
Was möchten Sie Pflegepersonen oder allgemein der Gesellschaft mit auf den Weg geben?
Immer echtes Interesse zeigen und Fragen stellen.