Hallo Mariosmama,
auch wenn die Frage von Hypos und "Wasserspielen" nicht das Ausgangsthema war, spannend ist sie schon.
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Mariosmama schrieb: Unsere Diabetesberaterin meinte zum Thema kaltes Wasser, dass da das Insulin schlechter wirkt wegen geringerer Durchblutung...
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Da denkt die Diab-Beraterin völlig logisch daran, dass vor Hypos in Sauna oder Badewanne gewarnt wird, weil der Körper versucht einer Überhitzung durch Wärmeabfuhr entgegen zu wirken und dazu die Blutgefäße weit stellt.
Dadurch werden dann vorhandene Insulindepots, entweder Bolus oder gespritztes Basalinsulin deutlich schneller resporbiert.
Allerdings klappt der Umkehrschluss nicht. Wie Tina schrieb:
"In kaltem Wasser muss der Körper mehr Wärme produzieren, braucht also mehr Energie, wofür er dann auf alles zurückgreift, was zur Verfügung steht ... Und das macht er auch unabhängig vom ggf. aktiven Bolusinsulin."
Wobei der Körper dann sogar unabhängig vom aktiven Basalinsulin an Glucose kommt, die in den Muskelzellen verbrannt wird.
Eine Art von Notstromaggregat, um die Hütte zu heizen.
Wie die Aggregate da auf Hochtouren laufen, können wir sehen, wenn die Kids (oder wir) bibbernd, zitternd und mit den Zähnen klappernd aus dem kalten Wasser kommen.
Und das geht so...
Die Körperzellen haben verschieden Möglichkeiten mit Hilfe von sogenannten
Glucosetransportern
in der Zellmembran an den Treibstoff "Glucose" zu kommen.
Wir als Diabetiker, konzentrieren uns dabei auf
GluT4
, der insulinabhängig (durch Insulin gesteuert) arbeitet.
Da aber der liebe Gott schon bei der Genesis ahnte, dass Diabetiker auch vergesslich sein können ( :woohoo: ), hat er den Zellen auch noch weitere Glucosetransporter spendiert, so dass sie auch völlig ohne Insulinwirkung Zugang zur Glucose im Blut haben.
Auch Muskelzellen decken ihren Glucosebedarf für den Grundstoffwechsel nicht insulinabhängig über GluT4, sondern insulinunabhängig via GluT1.
Um den Ausflug in das Reich des Glucosetransport noch etwas zu erweitern, auch die Leberzellen benutzen nicht GluT4 als "Zuckerschleuse", dafür haben sie den ebenfalls insulinunabhängigen Glucosetransporter-2.
Plötzlich wird dann kronleuchterhell, warum Diabetiker die allerschönsten Powerhypos bekommen können, auch wenn kaum Insulin im System ist. Denn die Aufladung der Glucosespeicher (=Glycogenspeicher) der Leber hängt nicht vom aktuellen Insulinniveau ab, sondern von einem (durch Insulinwirkung zuvor) erreichten Schaltzustand diverser Enzyme in der Zelle ... und vom Ausmaß der Entleerung der Glycogenspeicher.
Um das Thema Wasser ganz zu verlassen, ergibt sich aus diesen Zusammenhängen die Erkenntnis, dass eine Insulintherapie, die ängstlich niedrige Blutzuckerwerte vermeiden will und dadurch Phasen basaler Insulinmängel produziert, in der Folge das Risiko gewaltiger und unberechenbarer Hypos drastisch erhöht.
Die basale Insulinversorgung hat nämlich weniger die Aufgabe Glucose in die Zellen zu befördern, sondern sie steuert primäre die Freisetzung von Speicherglucose, aus Leber und Nieren.
Irgendwoher muss die Glucose ja kommen, wenn wir am Morgen mit 300mg/dl erwachen... :S
Somit ist das A und O einer stabilen und vorhersehbar kalkulierbaren Stoffwechsellage nicht das Vermeiden von Hypos (um jeden Preis), sondern das effektive Vermeiden basal erhöhter Blutzuckerwerte (Nüchternwerte).
(Basalwert = BZ-Wert ohne Einfluss von Bolusinsulin und Essensresorption)
Bei der zu gut gemeinten Konzentration auf die Hypovermeidung beißt die Katze sich in den Schwanz und das gibt dann einen Kreisverkehr ...
Willkommen auf der Achterbahn!
Gruß
Joa