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Diabetiker-Bund erklärt Berliner Pädagogen den Umgang mit zuckerkranken Kindern

Bei uns gehen Lehrer in die Helden-Lehre

Betretenes Schweigen und alle Augen unauffällig auf die eigenen Schuhspitzen gerichtet. 15 Lehrer aus verschiedenen Berliner Schulen sitzen gerade vor Christa Lorenz (55) und versuchen, möglichst unsichtbar zu wirken.

Aus gutem Grund. Gerade hat die Diabetes-Beraterin die Runde gefragt, wer sich mal zur Probe mit dem (unbefüllten) Insulin-Pen piksen will. Doch auch wenn die Pädagogen an diesem Nachmittag gekommen sind, um mehr über die Zuckerkrankheit zu erfahren: Jetzt ist es wie in Mathe, wenn einer zum Vorrechnen an die Tafel soll. Keiner meldet sich.

Christa Lorenz und ihr Kollege Dr. Raabe kennen das schon und bieten eine Alternative an: "Wir können auch den eigenen Blutzucker messen." Das pikt zwar ebenso, hat aber mehr Erfolg. Mehrere Pädagogen stechen sich danach in die Daumenkuppe.Wie Viola Weinitz (49), Sozialpädagogin an der Carl-von-Linné-Schule in Lichtenberg, wollen sie so mehr Sicherheit im Umgang mit diabeteskranken Kindern lernen: "Es kam in meinen Klassen schon häufiger vor, dass ein Kind umgekippt ist, weil es unterzuckert war", erklärt sie, "deshalb will ich mich hier informieren." Damit ist sie nicht die Einzige. 60 Berliner Pauker haben die Nachhilfestunde in Diabetes, die vom Diabetiker Bund zusammen mit der AOK angeboten wird, bereits absolviert, weitere 100 haben sich angemeldet. "Das war ein Ansturm, der uns dann doch überrascht hat", sagt Fabian Thümer (40) vom Berliner Diabetikerbund. Er hat selbst Diabetes und sich die Nachhilfe-Kurse mit Piks ausgedacht, als er über Freunde seiner Kinder hörte, wie unsicher Berliner Lehrer im Umgang mit Diabetes sind: "Viele trauen sich nicht, die Kinder mit auf Ausflüge zu nehmen", sagt er, "oder sie denken, sie müssen die Kinder im Notfall selbst behandeln." Jetzt drücken Lehrer in freiwilligen Fortbildungen die Schulbank, um im Notfall helfen zu können.

Wer sich beim Diabetiker-Verband engagieren oder Informationen über die Krankheit braucht, meldet sich hier: Deutscher Diabetiker Bund, Landesverband Berlin e.V., Schillingstraße 12, 10719 Berlin, Tel. (030) 278 67 37.

Quelle: Artikel in der Berliner Zeitung vom 20.12.2010

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