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Diabetes in der Schule, warum ist das so ein Problem?

WebAdmin
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09 Apr. 2017 14:57 #104749 von WebAdmin

Letzte Woche hat ein Artikel auf Welt.de eine lebhafte Diskussion in den Facebook-Diabetikergruppen entfacht. Es ging um eine Vorschullehrerin in Hamburg, die ihre Klasse abgeben musste, weil sie nicht bereit war, ein Diabetikerkind zu unterstützen.

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Michael Bertsch
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www.diabetes-kids.de

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Kosima
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10 Apr. 2017 06:43 #104756 von Kosima
Als unser Großer (10 Jahre) vor zwei Wochen die Diagnose Diabetes erhielt, ging ich auch ein paar Tage später mit starkem Herzklopfen in die Schule. Meine größte Angst war, dass wir nun 1. zu allen Mahlzeiten zum Spritzen in die Schule kommen müssen und 2. er bei den vielen Aktivitäten, wie Ausflüge, Klassenfahrten etc. nicht mehr dabei sein kann. Die Reaktion seiner Klassenlehrerin und auch der Direktorin waren allerdings sehr positiv. Da sich schon ein Kind mit Diabetes in der Schule befindet, hätten die Lehrkräfte schon eine kleine Schulung gemacht, Traubenzucker wäre immer vorhanden, die Klassenfahrt kein Problem (obwohl ich da vorsichtshalber mitfahre) und auch sonst würde unser Sohn alle Unterstützung bekommen, die er braucht. Da seine Klassenlehrerin auch seine Sportlehrerin ist, konnte ich auch die Besonderheiten des Sportunterrichts gleich mit ihr besprechen. Beruhigt verließ ich die Schule. Wie sich in der Praxis alles gestaltet, muss mann dann natürlich sehen, aber die Bereitschaft ist erstmal da und das ist gut. Natürlich muss man sagen, unsere Schule ist eine evangelische Grundschule mit ingsgesamt 80 Kindern, das ist sicher nicht zu vergleichen mit manch anderen Schulen in denen schon 80 Kinder in einer Klassenstufe sitzen (haben wir auch in unserer Stadt), die Übersichtlichkeit ist sicher ein Vorteil. Ansonsten weiß ich aber auch, dass es Familien gibt, die einen ambulanten Pflegedienst für ihr Kind engagieren, der dann zu den Mahlzeiten in die Schule kommt und mit den Kindern misst, rechnet und spritzt. Es lohnt sich sicherlich bei den Krankenkassen nachzufragen. Wenn die Lehrer wissen, dass sie noch professionelle Unterstützung erhalten, trauen sie sich vielleicht die Betreuung von Kindern mit Diabetes mehr zu!

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marielaurin
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10 Apr. 2017 09:19 #104757 von marielaurin
Hallo Kosima,

ich kann das was du schreibst bezüglich der Schule bestätigen. Unsere Tochter war gerade 11 geworden als der Diabetes kam. Der Klassenlehrer (ein Biolehrer) hat nach ihrer Rückkehr 2 Schulstunden "geopfert" um der Klasse mit Sina zu erklären, worum es geht - warum sie Messen, Spritzen, zwischendurch eventuell essen und trinken muss. Das war alles wirklich toll. Man hat uns versichert, dass der Diabetes für die Schule kein Problem darstellen wird. Sie hat ihren Nachteilsausgleich sofort bekommen, da mussten wir gar nicht fragen. Sie wurde auf Ausflüge, Klassenfahrten uneingeschränkt mitgenommen. Das ist bis heute so, sie macht im nächsten Jahr ihr Abitur.

Jetzt kommt das große Aber: Sie alle haben ein Diabeteskind akzeptiert und ihr alles ermöglicht, was sie braucht, speziell wenn es um Zeit, essen oder trinken geht. Es war aber niemand da, den sie hätte fragen können, wenn sie sich wegen ihrer Werte oder dem zu spritzenden Insulin ging. Wenn sie zum Sportlehrer ging weil sie keine Traubenzucker mehr hatte: Er hatte immer was in der Tasche. In der Jahrgangsstufe gibt es zwei Diabeteskinder, an der gesamten Schule (1300 Schüler mittlerweile 5). Das war auf Klassenfahrten nicht anders. Die Lehrer wollten nichts wissen, sie meinten, Sina macht das schon und zur Not rufen sie halt nen Rettungswagen. Sie hatten da die Ruhe weg - und haben die Verantwortung nicht übernommen.

Es hat niemand mein Kind "betreut". Das war einerseits auch gar nicht nötig, weil sie ja rechnen konnte und einfache Diabetesregeln konnte (wenn BZ über/unter X, dann ... ), andererseits ist sowas nicht machbar wenn du noch ein jüngeres Kind hast, das vielleicht noch gar nicht lesen oder rechnen kann.
Diese Kinder sind auf permanente Unterstützung angewiesen. Es würde meiner Meinung nach auch nicht reichen, wenn ein Kind einen ambulanten Pflegedienst zum Essen bekäme. Was ist in der Zeit dazwischen, wo oft in Kitas getobt wird, wo auch Werte verrückt spielen können, wo dann keiner bescheid weiß, wenn das Kind plötzlich zappelig oder unruhig wird. Das kann man dann nicht deuten und demnach auch nicht helfen.
Mal abgesehen davon dass die ambulanten Pflegedienste nur sehr selten Diabeteskinder nehmen, das ist denen zu viel Aufwand und dafür bekommen sie zu wenig Geld.
Möglich, dass das auf dem Land anders ist, weil sich dort vielleicht Pflegedienste auf jeden Auftrag stürzen den sie bekommen können aber in dichter besiedelten Gebieten sieht das ganz anders aus.

Dann stehst du da. Hast ein Kind, das Unterstützung braucht, du bekommst aber weder einen Integrationshelfer noch einen Pflegedienst. Und die Schule lehnt auch ab - oder verweigert sogar dass dein Kind wegen seines Diabetes auf eine Regelschule gehen kann. Sowas gibts alles. Das ist nicht mit zwei bis fünf Gängen zum Amt oder einem Brief an Bürgermeister und Schulbehörde erledigt.

Im Prinzip bleibt dir als Mutter/Eltern dann nur, deinen Job an den Nagel zu hängen, damit du selbst da sein kannst, dir die Werte auf dein Handy schicken lässt und im Zweifelsfall in 10 Minuten im Kindergarten/in der Grundschule sein kannst. Und wenn das soweit ist, kommen in so manchen Familien vielleicht auch Existenzängste, weil der Job der Mama mit vielleicht 20/25 Stunden finanziell wichtig ist, wer weiß? Und dann?

Ich habe den Artikel hier auch gelesen und kann alles nachvollziehen. Ja, es gab früher in meiner Grundschulklasse nur 20 Kinder. Alle diese Kinder waren bis auf einen sehr angepasst, sehr ruhig, sehr aufmerksam, wissbegierig. Der eine flog raus, wenn er störte. In der Grundschulklasse meiner Tochter waren 29 Kinder, in der meines Sohnes 31 Kinder. Sechszügig. Keine Großstadt übrigens, aber die einzige Grundschule. In der Klasse meiner Tochter gab es große Probleme mit Störkindern, mit aggressiven Kindern, ein Kind hatte Lebensmittelallergien, ein Kind hatte Asthma, eins ein Hörgerät, das manchmal nicht so dolle funktionierte, eins durfte wegen seiner komischen Handschrift auf dem Laptop schreiben, zwei andere Lernverzögerungen. Nun stehst du als Lehrer da, möchtest deiner Klasse was beibringen, da sind aber Kinder, die das nicht lange schaffen mit dem ruhig sein, das Hörgerät macht nicht mit, der Laptop spinnt. Und dann bekommt ein anderen keine Luft, das nächste flippt nur rum, das übernächste flitzt zum zehnten Mal über die Bänke und dann sollst du auch noch auf ne Pumpe gucken?

Ein normaler Schulalltag wie wir ihn von uns kennen ist heutzutage gar nicht mehr möglich in den jüngeren Klassen, in denen sie alle noch gemischt sind, in denen Kinder sitzen, naja sitzen wenn man viel Glück hat, deren Eltern entweder desinteressiert sind, die ihren Kindern nie Regeln und Grenzen vermittelt haben, die vielleicht noch nichtmal vernünftig Deutsch sprechen, die beide Vollzeit arbeiten und das Kind so nebenher läuft.

Ich war früher spätestens um 13.30 zu Hause. Meine Kinder in der Grundschulzeit ebenfalls. Die Grundschule bietet heute Nachmittagsbetreuung bis 17.30 Uhr an. Wenn es ganz schlecht läuft wird ein Kind morgens um 7 abgegeben und abends um 17.30 abgeholt. Da hat dieses Kind locker einen 10-Stunden-Tag. Manchmal tut es mir leid wenn ich das so sehe, aber mich wundert das nicht, dass die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern immer schlechter werden, dass Respekt oft gar nicht mehr vorhanden ist, dass Kinder ausflippen wenn sie den ganzen Tag bespaßt werden, es ist laut, es ist viel los um sie herum. Sowas kann doch ein Kind nicht alles einfach so wegstecken. Und dann wundern wir uns, wenn die Lehrer diese Horde wildgewordener Kinder nicht in den "Griff" bekommt? Leider denken viele Eltern sie könnten mit Abgabe des Kindes auch ihren Erziehungsauftrag abgeben. So darf es nicht sein.
Ich weiß von meiner Schwägerin, dass das in der DDR auch so lief, weil beide Eltern voll berufstätig waren. Die Kinder dort waren angepasst, weil es sehr strenge Regeln gab und wer die nicht befolgte ... da lief ganz viel mit Zwang und körperlicher Züchtigung nennen wir es mal.

Ich möchte heutzutage kein Lehrer sein, ganz ehrlich. Und ich möchte auch als Lehrer nicht für zig unterschiedliche gesundheitliche Probleme der Kinder "meiner" Klasse zuständig sein. Inklusion hin oder her, wenn man das nicht vernünftig organisieren kann mit entsprechend vielen Lehrern/Integrationshelfern oder sonstwie, dann ist das ganz übel was man da heutzutage mit den Lehrern macht. Das ist alles genauso super durchdacht wie G8 ... auf dem Papier alles toll, aber in Echt gehen alle Beteiligten daran zugrunde.

Sina *1999, DM seit 12/2010, ICT mit Levemir und Novorapid
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