Unterzuckerung in der Nacht

Ihr Lieben,

ich habe seit über 17 Jahren Diabetes und habe grundsätzlich das Problem, dass ich Unterzuckerungen in der Nacht nicht mitbekomme.
Im Alter von circa 19 hatte ich ein Jahr lang das Glück, dass ich Nachts aufgewacht bin, wenn mein Blutzucker niedrig war. Das war aber irgendwie nur eine kurze Phase und ich bin wieder an dem Punkt, dass ich durchschlafe und morgens hin und wieder dann ins Koma falle oder ähnliches tue und halt nicht aufwache bis mich jemand füttert und weckt.
Kann man sich das irgendwie antrainieren, dass man Nachts wieder wach wird? Ich bin echt am Verzweifeln...

Liebe Grüße,
Caroline

Hallo Carolinchen,

hast Du schoneinmal ein Hyposensibilitätstraining gemacht? Ich hab davon gelesen, das wird wohl auch in den Reha- / Kurkliniken angeboten. So wie ich es verstanden habe, gibt man sich unter Aufsicht mehr Insulin als benötigt und versucht, die körperlichen Anzeichen zu erspüren und der Hypo zuzuorden.

Lebst Du noch bei Deinen Eltern und kümmern die sich dann um Dich, wenn Dein Wert zu tief ist? Hast Du ne Pumpe oder Pens?

Liebe Grüße

Ana

Carolinchen schrieb: Kann man sich das irgendwie antrainieren, dass man Nachts wieder wach wird?

Ggf. dafür Sorge tragen, dass das Schlafbedürfnis nachhaltig erfüllt wird. Wer mit Schlafdefiziten schläft, ist oft viel schwieriger wach zu bekommen. Auch von 'ner Hypo nicht.

Ansonsten hat eine abgesunkene Wahrnehmungsschwelle für Hypos zumeist mit einer abgesenkten (desensiblisierten) Schwelle zur Adrenalinausschüttung der Nebennierenrinde zu tun.

Wenn die Werte zu häufig tief liegen rutscht die Adrenalinschwelle mit nach unten.

In der Folge fehlt das hauptsächlichste Warnsignal, die adrenergenen (durch Adrenalin bewirkten) Hyposymptome (Schwitzen, Herzklopfen etc.) bevor es zu Funktionsverlusten der Nervenzellen kommt.

Dann hilft es nur die Adrenalinschwelle wieder anzuheben, indem konsequent BZ-Werte unter 70 mg% vermieden werden. Das geht aber relativ langsam voran, und kann etliche Monate, bis etwa zu einem Jahr brauchen.

Unter Umständen ist es da sinnvoll, erst mal die BZ-Einstellung zu optimieren, um nicht dauernd nahe den Azidose-Werten zu segeln, sondern weiterhin fein im oder nahe dem Normbereich zu verweilen.

Das Problem mit dem Awareness-Training besteht darin, dass es schwierig ist, nicht mehr vorhandene (adrenergene) Hyposymtome "besser" wahrzunehmen.

Allerdings lassen sich erste Anzeichen nervlicher Funktionstörungen (Konzentrationsstörungen, Sehstörungen etc., etc.) schon mal focussierter betrachten und dann auch beachten.

Ob das aber in der Nacht hilft?

Gruß
Joa

Ich schließe mich der Frage an:

Dass man Hypoglykämiewahrnehmung trainieren kann, weiß ich. Aber kann man das wirklich auch im Schlaf trainieren?

Lars hat noch nie eine nächtliche Unterzuckerung bemerkt, keine einzige in 26 Monaten.
Er hat auch keine Anzeichen (zittern, schwitzen...) außer, dass er sich, wenn er wach ist, schlapp fühlt.
Aber nachts... ob 39 oder 390, er schläft wie ein Engelchen.

Macht mir schon etwa Sorgen. Mit 8 steht er ja noch nicht unmittelbar vor dem Umzug in die Studentenbude , aber irgendwann ist er mal erwachsen und wenn sich das bis dahin nicht ändert...
Abgesehen davon, ich versuche ja auch möglichst oft zwischen 23 Uhr und 5.50 Uhr zu schlafen. Ich wache zwar wegen jeder Kleinigkeit auf (sobald eins der Kinder irgend einen Laut von sich gibt), aber da Lars ja keine Symptome zeigt, wache ich davon natürlich auch nicht auf.

LG Heike

Hallo Caroline,

Ich hab vor einiger Zeit mal etwas über eine Studie oder Testreihe gelesen, deren Ergebnis es war, dass es eher normal ist, dass ein Diabetiker von niedrigen Werten NICHT erwacht. Ich weiß aber nicht mehr wo das war.

Der vielversprechendste Weg ist vermutlich der, ggf. mit Hilfe von CGM oder MCGM (Mama- oder bei dir vielleicht auch schon Mann-CGM ), die Einstellung (unter Beachtung von Randbedingungen, wie Zyklus, Alkoholkonsum usw.) solange zu optimieren, das bei guten Werten nächtliche Hypos trotzdem nicht auftreten, womit wir wieder mal beim Thema wohlformulierte Basalrate wären

lg
Tina

Meine Tochter ist schon zweimal bei(oder wegen?) niedrigem BZ (unter 50) aufgewacht. Sie sagt, sie merkt es und fühlt sich schlecht. Sie kann auch mit niedrigen Werten nicht einschlafen. Allerdings merkt sie (im Moment) niedrigen BZ schon bei 70, so dass sie flott gegensteuern kann.

Wie viele unbemerkte Unterzuckerungen mit Gegenregulation nächtens auftreten weiß ich allerdings nicht. Ich hoffe kaum welche.

LG
Steffi

Hallo Caroline,

meine Tochter schläft tief und fest, bei hohen Werten und bei sehr niedrigen.

Niedrige Werte merke ich morgens, da sie dann sehr unausgeschlafen ist und dass ihr dann teilweise aus heiterem Himmel einfach schlecht wird und sie nichts essen kann. Sie muss dann noch eine Weile schlafen, dann geht es wieder.

LG Lili

Hallo Caroline,

bei Luis ist das ziemlich unterschiedlich. Bei niedrigen Werten, auch bereits unter 100 mg/dl, kann Luis nicht einschlafen. Einige Male wurde er selbständig bei einer Hypo wach, etliche Male hingegen, schlief er tief und fest weiter und er machte morgens einen "verkaterten" Eindruck und er fühlte sich schlapp und unausgeruht.

Wir hatten ja nun eine ganze Zeit den Enlite-Sensor und konnten den nächtlichen Hypos glücklicherweise entgegen steuern und hoffen, dass wir dies nun längerfristig im Griff haben.

Vielleicht wäre das CGM ja auch für Dich eine Lösung! Besprich dies doch mal mit deinem Dia-Doc! Der Sensor "schlägt" ja Alarm und vibriert. Ich konnte das ganz gut über das Babyphone hören, aber meist wurde Luis davon wach und hat mich dann gerufen. Das ist wirklich empfehlenswert.

Tagsüber gehen Luis leider häufig die Hypos durch die Lappen. Gestern hatten wir nach langer Zeit mal eine recht heftige (35 mg/dl) und er war putzmunter, klagte nur über einen mordsmäßigen Kohldampf, was wir bei Hypos dann meist als Hauptanzeichen feststellen konnten.

Ich wünsche Dir alles Gute.

LG Silke

Vielen Dank für eure Antworten!!

Ana, ich wohne nicht mehr zu Hause, aber in einer WG und meine liebe Mitbewohnerin weiß Bescheid und hat mich morgens auch schon mal "wach gemacht", also mir Zucker gegeben und gewartet bis ich ansprechbar war und wieder klar denken konnte.
Ich trage eine Pumpe... was ich an sich sehr praktisch finde. Das Doofe ist hier nur, das Insulin läuft immer weiter und weiter... das ist unpraktisch, wenn man nicht wach wird, da man immer weiter versorgt wird und der Zucker somit nicht automatisch in die Höhe steigen kann.

Joa, das mit dem Schlafdefizit kann mit Sicherheit stimmen. Ich bin ein Mensch, der grundsätzlich wenig schläft und damit tagsüber zumindest auch gut zurecht kommt. Nur ob ich das so einfach umgestellt bekomme, bezweifel ich Aber es kann ein guter Grund sein! Auf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen!
Aber ich bin nicht grundsätzlich immer tief... mein Hba1c ist eher noch zu hoch als zu niedrig. An der Gewohnheit liegt es also nicht. Und tagsüber bekomme ich Unterzuckerungen eigentlich auch immer mit. Da hab ich nicht so ein Problem mit.

Tina, das mit der CGM ist vielleicht wirklich sinnvoll. Daran hab ich noch gar nicht gedacht.
ich trinke keinen Alkohol und bin somit jede Nacht nüchtern und unterzuckere normalerweise Nachts auch nicht... aber hin und wieder halt schon und ich denke, das wird sich auch nicht unbedingt immer verhindern lassen. Letzte Woche hatte ich ein großes Pumpen-Insulin-Problem und war den ganzen Tag erhöht. Nachts hatte ich Angst, dass ich dann unterzuckere, also hab ich mir 3 Mal Wecker gestellt und 2 Mal war ich bei 46 bzw. 62. Ich bin aber wegen dem Wecker wach geworden, nicht weil ich niedrig war und das stört mich halt

Steffi, einschlafen kann ich bei niedrigen Werten auch nicht. Die merke ich. Also ich merke alles, wenn ich wach bin. Das ist absolut kein Problem, aber wenn ich schlafe, dann schlafe ich... Leider.

Silke, danke für den Tipp mit der CGM. Es wird keine Dauerlösung sein, außer ich möchte es für immer haben (was ich eigentlich nicht tue), aber wenn es hilft, würde mir das unglaublich helfen. Ich möchte ja nicht nochmal ins Koma fallen, nur weil ich nicht wach werde und mich am nächsten Morgen keiner weckt und das erst Nachmittags auffällt, dass ich das Zimmer ja noch gar nicht verlassen habe.

Ich werde auf jeden Fall mal bald mit meinem Diabetologen reden! VIELEN DANK für eure Antworten! Ihr seid unglaublich nett!

Carolinchen schrieb: Letzte Woche hatte ich ein großes Pumpen-Insulin-Problem und war den ganzen Tag erhöht. Nachts hatte ich Angst, dass ich dann unterzuckere, also hab ich mir 3 Mal Wecker gestellt und 2 Mal war ich bei 46 bzw. 62. Ich bin aber wegen dem Wecker wach geworden, nicht weil ich niedrig war und das stört mich halt

Hmmm, ob Dich das wirklich stören muss, hängt wohl mehr davon ab, ob bei Dir die Alpha-Zellen noch ausreichend funktionieren, um die Gegenregulation mittels Glucagon zu leisten.

Hinweise auf fehlende Glucagonproduktion können bei länger bestehendem Diabetes posthypoglykämische Insulinresistenzen oder Bewußtlosigkeiten (ggf. mit Krampfgeschehen) sein.

Interessant finde ich, dass Du nach einem "versauten" Tag in der Nacht mit Hypos gerechnet hast.
War das auf Grund Deiner Erfahrungen oder auf Grund von Kenntnis einer dahinter stehenden Stoffwechseldynamik?

Gruß
Joa