Ich kann und mag nimmer....

@Alex Mo : Ich wollte das mit den Strafpunkten gar nicht so negativ bewerten, sondern einfach nur davor warnen, das unreflektiert zu übernehmen. Wenn Moritz sich das selber ausgedacht hat und es bei euch gut funktioniert, ist das doch völlig legitim. (Das ist halt das Problem mit dem Schreiben hier und das man schnell missverstanden wird, weil man ja nicht immer Romane schreiben will- ich schreib Romane und trotzdem versteht jeder die Beiträge anders...und hat evtl. auch eine andere Meinung). Vor allem, wenn das Positive dann auch belohnt wird. Wenn man nur das Schlechte bestraft und das Positive ist selbstverständlich ist das meines Erachtens ganz ungesund- und so hatt ich das aus deinem Beitrag herausgelesen.
@SandrineBlue: Man bleibt immer Eltern und ist nie raus aus der Sache, das wirst du merken, wenn du mal selber Kinder hast. Trotzdem hat man natürlich irgendwann nicht mehr die Verantwortung. Schade, dass du das deinen Eltern nicht mit der Therapie erzählen kannst. Ich finde es immer sehr mutig, wenn sich Menschen entschließen eine Therapie zu machen, viel mutiger, als immer alles zu deckeln. Danke für deine Offenheit hier.
@Sandra: So wie du Tage hast, an denen du einfach nicht mehr magst, hat dein Sohn die anscheinend auch. Und jede andere hier wahscheinlich auch. Als ich damals an dem Punkt war, habe ich eine Mutter Kind Kur beantragt- Meine Tochter war damals 13. Kinder mit Diabetes bekommst du auch noch in dem Alter mit.

Und Lügen finde ich auch, geht gar nicht- Obwohl jeder Mensch -zig Mal am Tag lügen soll.... Da gäbe es auch von mir die rote Karte. Und gleichzeitig frage ich mich in solchen Momenten, warum vertraut mein Kind mir nicht?
Tja, Eltern werden ist nicht schwer..... So leben wir alle im Spagat....
LG Vera

Hallo Sandra,
hallo alle anderen,

der im Profil angegebene HbA1c ist der aktuellste?

Ich habe meine Erwartungen, wie meine Tochter ihren DM managt oder wie ich machen oder mir wünschen würde extrem runterschrauben müssen. Das ist mir unendlich schwer gefallen.

Sie fühlt sich bei höheren Werten sicherer, das Problem hatten wir ja schon immer, mal ganz davon abgesehen dass sie einfach spritzfaul ist, Insulinabgaben schiebt ohne Ende und isst wie ein Scheunendrescher.
Hypos oder Werte unter 100mg/dl sind bei uns absolut selten und kommen höchstens zufällig gemessen morgens gegen 6 Uhr vor.

Sie trudelt seit knapp zwei Jahren mit einem HbA1c von durchschnittlich 8,5% durch die Gegend.
Ihre gemessenen Werte liegen im Durchschnitt bei 250mg/dl, wobei das auch weniger aussagekräftig ist, weil sie öfter mal misst, dann aber nicht oder verspätet korrigiert.

Ganz typische Situation bei uns: Sie misst eine 350mg/dl, sieht, dass sie falsch berechnet hat beim letzten Essen oder vielleicht noch gar nicht gespritzt hat (huch, vergessen!) und korrigiert 8 Einheiten. Eine gute halbe Stunde später macht sie sich 500g Schupfnudeln (die sie ganz alleine verputzt, KH-Gehalt ist ja bei einer solchen Menge Schupfnudeln ... puh!) isst die, und wenn ich frage, ob sie die versorgt hätte, sagt sie:"Hä wieso? Ich hab doch vorhin 8 gespritzt, wird schon reichen!" Entweder diskutieren wir dann wie blöd oder sie merkt zwei, drei Stunden später, dass 500mg/dl + x echt nicht lustig sind.

Bei sowas könnt ich sie schlachten oder mindestens auf den Mond schießen.

Problematisch ist auch dieser Dauerhunger. Wir frühstücken, sie isst 2 Brötchen, geht duschen und kommt danach runter und sagt:"Mamaaa, ich hab soooo Hunger!" Und der Kühlschrank geht auf. Das geht den ganzen Tag so weiter. 1.78m und 54kg schreien nach Futter.

Und die Ambulanz sagt dazu, dass es toll ist, wie sie mit dem DM umgeht, dass er sie nicht beherrscht, dass sie ein ganz normales Leben führt, dass sie Spaß am Leben hat. Dass sie sich ja hin und wieder kümmert, dass sie schonmal misst am Tag und dass sie auch mal was spritzt.
Ob das "mal was spritzen" zur KH-Menge passt ist da erstmal unwichtig, solange sie keine Ketone hat. Die hatte sie noch nie, wenn wir mal ne Stichprobe gemacht haben, also alles schick, sagt die Ambulanz.
Die Ambulanz sagt aber auch, dass das mit 18 nicht mehr so akzeptiert werden würde und dass sie nun den Pubertäts-ich-bin-völlig-verbaustellt-Bonus hat. Grundsätzlich weiß sie ja, wie es geht, sie hat nur keine Lust und sieht die Notwendigkeit nicht. Da können wir als Eltern reden wie wir wollen, rechts rein, links raus.

Ich habe gemerkt, ich bin hier die, die sich den Stress macht, mein Kind dreht sich um und ist tiefenentspannt.
Ich bin hier die, die motzt und meckert, meinem Kind ist das egal, sie ändert eh nichts.
Ich bin hier die, die sich ewig Gedanken darum macht, Sina hat grad ganz andere Gedanken die sich zu 5% aus Schule, Oberstufe, zu 5% ums Essen und zu 80% aus neuem Freund drehen.
Und ich war mal 100% DM. Das hab ich aufgehört und bin mittlerweile auch auf dem Entspanntsein-Trip. Ich ertappe mich immer wieder, dass ich ihr Vorschläge mache, wie sie was ändern kann und welche Auswirkungen das haben kann, dass sie echt keine 8,5% haben muss, dass sie mit einem klitzekleinen bisschen mehr tun doch viel erreichen kann. Ist ihr völlig schnurz.

Ich fahre seit einigen Monaten ganz gut mit dem Gedanken, dass sie weiß, dass wir immer für sie da sind, wenn sie Fragen hat, dass wir immer helfen, wenn es nötig ist.

Das einzige, was wir geändert haben und was uns ganz gut durch diese Zeit bringt ist dass wir das Basal sehr angehoben haben. Das Basal soll ihre Spitzfaulheit zu einem Teil abfangen am Tag. Das ist nicht Sinn des Basals, ist klar, aber uns bringt das sicherlich schon ein wenig Entlastung. Das machen wir so lange bis sie selbst besser rechnet und sinnvoller isst und vor allem zuverlässig spritzt. Denn sie ist diejenige, die sich den ganzen Tag mit dem DM rumschlägt, ist von 07 Uhr bis mindestens 17 Uhr aus dem Haus und hat keinerlei Kontrolle. Also müssen wir ja irgendeinen Verbündeten haben, der uns ein wenig hilft. Das Levemir bringt das einigermaßen gut, nicht perfekt, aber akzeptabel.

Liebe Grüße,
Tanja

Gerade mal geschaut, ne ganz aktuell ist der nicht, wir haben zur Zeit 9,9%. Nun ja, viel Unterschied besteht da ja nicht.

Wir haben die Tage erfahren das wir eine Woche den CGMS bekommen, mal sehen wie man danach manches anpassen könnte um bessere Werte zu bekommen.

Ja ich denke auch, ICH muss etwas gelassener werden. Aber das ist leichter gesagt als getan. Ich ärger mich einfach das ihm manches so egal ist.

Das mit dem Hunger kenne ich hier auch. Aber bei uns gibt es zwei extreme. Entweder gar nix oder den halben Kühlschrank auf einmal. Bei einer Größe von 1,49m und gerade mal 30 kg darf er ruhig essen. Aber so bekommt man die Faktoren und Korrektur natürlich nicht ordentlich angepasst da irgendwie IMMER Insulin wirkt

Sandra

Hallo Vera!

(Das ist halt das Problem mit dem Schreiben hier und das man schnell missverstanden wird, weil man ja nicht immer Romane schreiben will- i

Da hast Du völlig Recht! Wobei ich in meinem wirklich ursprünglichen Text (der dann verschollen war) das Ganze ausführlicher geschrieben hatte. Und so war mein erster gesendeter Beitrag an entsprechender Stelle zu sehr verkürzt (habs vorhin selbst nochmal gelesen und mich geärgert, wie doof ich das geschrieben habe). Mal abgesehen davon wäre das bei jedem vergessenen Bolus auch weder zu realisieren noch "gerecht". Da das Ganze bei uns ja noch nichtmal eine Woche läuft, kann ich auch ehrlich nicht sagen, ob es zur Nachahmung taugt.
Warum die Kids manchmal lügen? Echt gute Frage! Aus Faulheit, statt überzeugend zu argumentieren, warum etwas getan oder nicht getan wurde, aus schlechtem Gewissen, aus Angst (hoffentlich nicht), geht schneller (im Sinne der Faulheit) usw....

Natürlich waren wir auch alle mal viel jünger und selbst Kinder/Jugendliche und haben gelogen; aber auch meine Eltern waren dann stinksauer und ich habe echt versucht, das als allerletztes Mittel "einzusetzen"; das hat sich bei mir sehr eingeprägt und ich kann dann manchmal nicht nachvollziehen, dass mich jemand anlügt. Da bin ich dann echt nachtragend. Passenderweise war es vorhin bei uns auch noch einmal Thema und Moritz meinte, er wolle ja gar nicht (auch in Bezug auf Diabetes) lügen - und will auf jeden Fall einen "dritten roten Punkt vermeiden" :silly:

Was Lob bzw Belohnungen betrifft, so wird das ja auch in der Erziehungswissenschaft durchaus unterschiedlich gesehen. Es gibt auch durchaus Vertreter die sagen "Lob entmündigt"; das ist absolut nicht mein Standpunkt, Lob tut gut und kann absolut aufbauend sein. Sollte aber auch nicht inflationär gehandelt werden
Auch Belohnungssyteme werden kritisch hinterfragt; aber wie war das "Ist Erziehung nicht immer auch Bestechung"

So hat wohl jeder seine Meinung; und in Bezug auf "Eltern sein" müssen wir wohl noch viele Erfahrungen sammeln, Moritz ist unser erstes und bleibt auch einziges Kind.

Tja, Eltern werden ist nicht schwer..... So leben wir alle im Spagat....

Dito!

LG Alex

Ignatia schrieb: Aber so bekommt man die Faktoren und Korrektur natürlich nicht ordentlich angepasst da irgendwie IMMER Insulin wirkt

Richtig. Das ist ganz genau "unser" Problem. Durch das ständige Essen kommt sie gar nicht mehr runter, sie isst in hohe Werte rein, sie misst nur hohe Werte, sie spritzt falsch weil sie weder noch wirksame KH noch noch wirksames Insulin grob berechnet.
Und dann haben wir auch so Situationen da rauscht der BZ auf 100 und Madame trinkt sich zwei CapriSonnen, weil sie Angst hat, dass er weiter sinkt, da wird gar nicht abgewartet bis sie auf 60 ist :S

Die einzig vernünftigen Werte die wir schonmal haben sind nachts und frühmorgens. Alles anderen können wir in die Tonne kloppen.

Wie schauts denn aus mit eventueller Basalerhöhung? Wobei, wenn er dann mal nichts isst, ist das vermutlich auch echt doof, weils dann wieder nicht passt, wobei man das einfacher und schneller mit was Flüssigsüßem ausgleichen könnte als hohe Werte runter zu bekommen.

Seid ihr euch denn sicher, dass das Basal überhaupt passt, so wie es gerade ist?

Nein bin ich nicht. Aber ich bringe ihn gerade nicht zu einem BRT.
Selbst die Klinik sagte, erst mal in Ruhe lassen. Wir schauen dann die Werte mit dem Sensor und dann wird weiter entschieden!

Hallo,
ich habe mir in dieser "Vergesslichkeitszeit"angewöhnt, zuhause immer klare Ansagen zu machen.
Besonders bei Dingen, die mir wichtig waren und die eigentlich in diesem Alter selbstverständlich sein sollten, aber zu gern vergessen wurden.
z.B. Bitte noch Zähne putzen! Bitte Hände waschen! Bitte BZ messen! Bitte Katheter wechseln1
Der Vorteil: Es erinnert, jedoch ohne zu werten!
Wurden tatsächlich die Zähne schon geputzt, der BZ gemessen.... kam natürlich ein entrüsteter Kommentar.
Und dann konnte ich loben!
Und wenns trotzdem micht so klappt, wie wir uns das wünschen: Auch diese Phase geht vorbei!
Gut, dass es uns Mütter gibt! Und gut, dass wir uns auch in dieser Phase um unsere Kinder kümmern können und sie lieben!

Zu dem Thema fällt mir noch ein Anekdötchen ein:

Vor ein paar Tagen waren wir alle 5 in Lars' Zimmer und unsere 3 Kinder spielten mit Lego.
Irgendwann sagte ich: "So, jetzt ist Schluss! Gleich ist Zeit fürs Bett und Lars, du musst deine Haare noch waschen! Das solltest du eigentlich schon heute morgen machen."
Lars: "Boah Mama, du nervst! Immerzu soll ich Haare waschen, duschen, Hände waschen, frische Socken anziehen, Vokabeln lernen, Blutzucker messen..."
Und mein Mann und ich ergänzten wie aus einem Munde: "Und Katheter wechseln!"
Da musste Lars erstmal ziemlich lachen und meinte dann: "Ja, das auch noch!"

:silly:

Elisabeth schrieb: ich habe mir in dieser "Vergesslichkeitszeit"angewöhnt, zuhause immer klare Ansagen zu machen.
z.B. Bitte noch Zähne putzen! Bitte Hände waschen! Bitte BZ messen! Bitte Katheter wechseln1
Der Vorteil: Es erinnert, jedoch ohne zu werten!

Das hab ich in Bezug auf den DM vier Jahre gemacht. Immer gefragt, ob dieses und jenes schon erledigt wurde, immer gesagt, dieses und jenes muss noch gemacht werden. Ich hatte davon irgendwann so die Faxen dicke, weil ich immer diejenige war, die an alles denken musste, darauf hatte ich echt keine Lust mehr. Ich hab geredet wie verrückt und zwar gegen Wände.

Ich denke, ein Stückweit ist das auch normal. Ich setze mich nur heute nicht mehr unter Druck, dass ich will, dass der HbA1c einen bestimmten Wert hat und ich dann ein schlechtes Gewissen habe. Das brauch ich nicht, denn ich bin hier nicht (mehr) die einzige, die die Verantwortung trägt. Mit 15 kann meine Große auch ein Stückweit Verantwortung für sich selbst übernehmen. Und wenn sie darauf keine Lust hat, weiß sie, dass es Konsequenzen gibt. In Form von hohen HbA1c's und eventuellen Zwangseinweisungen, wir standen ja schonmal kurz davor.

In dem Moment war mir klar, dass ich reden und erinnern kann wie ich will, es brachte keinerlei Besserung. Erst der Anruf der Klinik, dass Sina stationär aufgenommen werden soll hat sie selbst wachgerüttelt. Zur Aufnahme ist es ja dann gar nicht mehr gekommen, weil sie hoch und heilig in der Klinik versprochen hat, sowohl mir zuzuhören und das zu machen was ich sage, wenn es um den DM geht und auch immer mehr selbst für ihren DM zu sorgen und mich entlasten und selber denken.

Bisher würde ich sagen, es klappt nicht super, aber prima, mir "reicht" das.