Hallo Markus,
Markus79 schrieb: Für uns ein riesen Tipp aus erfahrendem Munde war es, die Basalraten einigermaßen konstant zu halten, weil man sich ansonsten vor lauter Parametern ganz schnell in einem Teufelskreis befindet. Wenn ich das hier so sehe, erst Recht, wenn man die Basalrate wie bei einer Pumpe für jede Stunde separat parametrieren kann.
Sieh es anders: Unsere Kinder unter ICT bekommen zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Basalinsulin mit X Einheiten. Dieses Basalinsulin hat eine bestimmte Wirkkurve, d.h. es ist ein Langzeitinsulin, das nicht so schnell freigesetzt wird wie das Essensinsulin. Dieses Insulin ist dazu da, die Glukoseproduktion/-freisetzung aus der Leber unter Kontrolle zu halten plus alles abzudecken, was nicht mit der Lebensmittelaufnahme zu tun hat. Wachstumshomone zum Beispiel, alles was nahrungsunabhängig ist.
Nun sind unsere Kinder in ihren Entwicklungen aber grundverschieden je nach Alter und Entwicklungsstand oder Geschlecht zum Beispiel. Wenn man ein sehr junges Kind hat, ist eine Insulinversorgung mit Pen aufgrund der zu großen Einheiten meist nicht möglich. Auch nicht bei 0,5er Schritten.
Wenn man ein Kind hat, das wieder einen Wachstumsschub hat, ist es durchaus möglich, dass dieses Kind Wachstumshormone gegen 3 Uhr ausschüttet. Oder auch erst um 6 Uhr. Das ist je nach Kind unterschiedlich. Wenn wir nun hier mit der Basalversorgung abends X Einheiten Basal spritzen, ist es möglich, dass das wirkt, wenn das Kind noch gar keine Hormone ausgeschüttet hat - und es würde nachts unterzuckern. Sieht man dann, wenn man nachts alle 2 Stunden misst - um diese scheiß Unterzuckerungen zeitlich ausfindig zu machen und die abendliche Gabe zeitlich anzupassen.
Andersrum ist bei frühen Hormonausschüttern zu sehen, dass der BZ ansteigt - und das Basal erst noch wirkt, dann hat das Kind über einen Zeitraum X erhöhte Werte.
Ziel ist es, eine möglichst naturnahe Insulinausschüttung zu imitieren und einen möglichst stabilen Blutzuckerverlauf hinzubekommen, was uns ICTler selten so gut gelingt wie den Pumpis, sofern das Kind bereits außerhalb der Remissionsphase ist. Als ICTler hatten wir während der Remi, also bis ungefähr ein Jahr nach der Manifestation auch noch HbA1c Werte von 6,irgendwas. Danach nie wieder.
Pumpenträger nutzen kein Basalinsulin. In einer Pumpe wird nur ein kurzwirksames Insulin genutzt, vermutlich das was dein Kind zum Essen spritzt. Bei einer Pumpe kann man die Insulinversorgung die nahrungsunabhängig ist so einstellen dass sie je nach Pumpenmodell in 12, 24 oder 48 Intervallen pro 24 Stunden abgegeben wird. Das ermöglicht eine viel feinere und angepasstere Insulinversorgung als das was wir mit dem Basal bei unseren ICT-Kindern machen.
Beispiel: Man hat rausgefunden dass das Kind morgens um 4 Wachstumshormone ausschüttet und der BZ zu diesem Zeitpunkt ansteigt. Also setzt man bei einer Wirkzeit von sagen wir 2 Stunden die Basalrate der Pumpe zwischen 2 und 3 Uhr höher als vorher und nachher, damit das Insulin den BZ-Anstieg abfängt. Je nachdem welches Basalinsulin ICTler nutzen würden, müsste man hier den Zeitpunkt der Insulingabe verändern, was bei jüngeren Kindern deutlich nervig sein kann, z.B. wenn man sie wecken muss, weil das Basal erst spät rein darf. Solche "Probleme" hat man mit einer Pumpe nicht.
Auch bei lebhaften Kindern kann man z.B. in der Kitazeit die Basalrate niedriger einstellen, weil bei viel Bewegung die Insulinempfindlichkeit sinkt und das Kind weniger Insulingrundversorgung braucht als wenn es nur auf dem Sofa sitzt oder lange puzzelt. Ein ICT-Kind hat das Basal drin, es wirkt zum Zeitpunkt X und wenn das nicht passt, muss man entweder korrigieren oder dagegenessen, beim Sport zum Beispiel. Der Pumpennutzer stellt seine Pumpe einfach auf x% weniger und gut ist. Der ICTler müsste dann Sport-BE essen/trinken (was allerdings gerne als willkommene Freinahrung gesehen wird).
Eine Pumpe ist aber nicht nur Segen, es ist auch verdammt viel Arbeit, die Werte zu interpretieren und "Fehler" zu finden. Von Fehlern kann man hier aber gar nicht reden, da sich der Insulinbedarf von Kindern bis nach der Pubertät dauernd ändert, je nach Bewegung, Gemütslage, Kindergarten, Freizeitpark, Infekte ... je größer/älter das Kind umso ruhiger wirds, wenn man die Pubertät und die Hormonlage mal außen vor lässt, die kann auch nochmal reinhauen. Wir reden hier immer noch von Kindern die die Remi bereits hinter sich haben. In der Remi ist ein Diabetes meist noch sehr brav und vorhersehbar. Das ändert sich dann irgendwann.
Andererseits ist man als ICTler mit Basalversorgung meist deutlich geschützter vor Stoffwechselentgleisungen, da ja immer eine Basalversorgung vorhanden ist. Bei einer Pumpe kann der Schlauch undurchlässig werden oder das Meerschweinchen nagt ein Loch rein, was man aber erst merkt, wenn die Werte komisch hoch sind und sich nicht korrigieren lassen

Alles schon gesehen hier
Sina hat aktuell morgens Basal 30 IE, abends 22 IE (das war vor einigen Monaten ebenfalls noch bei 30 IE, die Hormone scheinen sich langsam zu beruhigen), wir haben ein 60% Basal/40%Rapid-Verhältnis. Meine Tochter hat sich nun endlich für die Pumpe entschieden - und ich freue mich auf Wochenenden, an denen sie eigentlich um 7 Uhr ihr Basal spritzen müsste, sie aber bis mindestens 10 Uhr weder weckbar noch ansprechbar ist. Und ehrlich gesagt muss ich auch am Wochenende nicht unbedingt um 7 raus und ans Basal denken. Wir haben das zwei von sechs Jahren gemacht - dann hab ich resigniert und hohe Aufstehwerte akzeptiert. Nun bin ich gespannt, wie sich das alles hier verändert, wenn die Pumpe 48 Mal Insulin abgibt und wir vielleicht wieder sonntags um 10 nicht erst korrigieren müssen, sondern akzeptable Werte haben. Hach ich freu mich drauf!