Mausi700 schrieb:
Danke für die Antworten. Bin jetzt etwas beruhigt.
Es ist dann auch nicht schlimm, wenn sie bei einem Wert von z.B. 280 trotzdem ganz normal ihre 4 BE zum Mittag isst? Sie wird Mittags nicht gespritzt.
Da geht es jetzt schon an grundsätzlichere Fragen, und das ist so ohne weiteres nicht zu beantworten.
Wenn sie mittags nicht gespritzt wird bedeutet dies in aller Regel, daß sie morgens ein Insulin gespritzt bekommt, welches über wenigstens 8, eher 12 Stunden wirkt. Dieses Insulin wird dann zum Zeitpunkt des Mittagessens einen Wirkungshöhepunkt haben, und würde dann nicht gegessen, wäre kurze Zeit später eine Hypoglykämie, also eine Unterzuckerung, die logische Folge.
ABER: Zuhause würde vermutlich bei so einem Wert die BE-Anzahl reduziert, indem z. B. Kohlehydrate gegen nichtkohlehydrathaltige Bestandteile getauscht würden. In welchem Maße dies geschehen würde hängt aber wieder ganz individuell von der Wirkungskurve des Insulins und der Blutzuckerwirksamkeit der Kohlehydrate ab (1 BE erhöht bei unterschiedlichen Diabetikern den Blutzucker ganz unterschiedlich!).
Deine Fragen legen nahe, daß Du Dir grundsätzlich Gedanken über die Therapie machst. Dazu vielleicht soviel: Eigentlich sollten auch Kinder mit Diabetes Typ 1 einen Blutzucker haben, der möglichst nahe den normalen Werten ist. "Möglichst nahe" bedeutet aber, so nahe, wie es halt individuell möglich ist, ohne in schwere Unterzuckerungszustände zu geraten. Denn diese sind zumindest akut gefährlicher als
gelegentliche hohe Werte. Sollten die Werte aber regelmäßig so hoch sein (also sagen wir an drei von fünf Tagen in der Woche den ganzen Schulvormittag eher über 200mg/dl als zwischen 80mg/dl und 150mg/dl), dann wäre dies tatsächlich ein Anlaß, die Therapie zu überdenken. Denn dann sind es eben nicht nur gelegentliche, sondern regelmäßige hohe Werte, und diese belasten ganz allgemein den Stoffwechsel und schädigen die kleinen Blutgefäße, was zu den typischen Spätschäden führt (Augen- und Nierenschäden an erster Stelle, absterbende Gliedmaßen, Herzinfarkte, Durchblutungsstörungen allenthalben etc.).
Das grundsätzliche Problem in der Schule ist halt: Sorgt man dafür, daß der Blutzucker in Normnähe ist, so ist allein schon heftiges Toben in der Pause (oder ein leichter Infekt oder ein Schreck) ausreichend, um den Blutzucker ganz rasch in kritische Tiefen abrutschen zu lassen. Wenn nicht sichergestellt ist, daß dann auf jeden Fall jemand in der Nähe ist, der das bemerkt und
rechtzeitig interveniert, werden die meisten Ärzte und Eltern eher zu hohe Werte in kauf nehmen als ein ohnmächtiges Kind, das ins Krankenhaus gefahren werden muß.
Im Grundschulalter kann man aus diesen Überlegungen eine Betreuungskraft für den gesamten Schultag entweder als Integrationsleistung des Schulträgers, des Sozialhilfeträgers oder der Krankenkasse erhalten, die das Kind diabetisch betreut und dafür sorgt, daß bei guter Blutzuckereinstellung dennoch keine schweren Unterzuckerungen auftreten. Dies muß jedoch immer im Einzelfall beantragt und durchgefochten werden. Viele Eltern und Schulen scheuen diesen anfänglichen Aufwand, auch, um eine vermeintliche "Sonderstellung" des Kindes zu vermeiden. Auch das muß im Einzelfall abgewogen werden.
Sollten noch weitere Fragen bestehen, freue ich mich über eine direkte E-Mail, hier über mein Profil.
Lieben Gruß
Gottwalt