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Entlastung schaffen: Wie Schulgesundheitsfachkräfte Eltern von Kindern mit Diabetes Typ 1 helfen, den Familien- und Arbeitsalltag zu gestalten

WebAdmin
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Administrator
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Beiträge: 6821

Daten zum Kind:
Geschlecht: Mädchen
Geburtsjahr: 1998
Therapieform: CSII + CGM (Zugelassenes Closed Loop Insulinpumpensystem mit Glukosesensor)
Private Nachricht
11 Sep. 2022 17:51 #119133 von WebAdmin

Dr. med. Jens Kröger Vorstandsvorsitzender diabetesDE – Deutsche Diabetes Hilfe im Rahmen der gemeinsamen Pressekonferenz der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und diabetesDE – Deutsche Diabetes Hilfe mit dem Verband Bildung und Erziehung (VBE) am Donnerstag, 6. September 2022, 11.00 bis 12.00 Uhr, online

Die von diabetesDE – Deutsche Diabetes Hilfe 2018 bis 2020 geförderte AMBA-Studie der Medizinischen Hochschule Hannover hat die Alltagsbelastungen der Mütter von Kindern mit Typ-1-Diabetes und deren Auswirkungen auf Berufstätigkeit und den Bedarf an Unterstützungsleistungen im Alltag untersucht. Nach einer Diagnose eines Typ-1-Diabetes beim Kind stehen die Eltern vor der Aufgabe, eine qualifizierte und zeitaufwändige Diabetestherapie mit beruflichen Anforderungen zu vereinbaren. Dadurch sind die Eltern stärkeren physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt als Eltern eines stoffwechselgesunden Kindes. Die AMBA-Studie hat bei der Umfrage unter über 1.000 Teilnehmenden den Belastungsgrad und den Unterstützungsbedarf der Familien erfasst, insbesondere den der Mütter, da nahezu die Hälfte alle Mütter aufgrund der Diabeteserkrankung ihres Kindes ihre Berufstätigkeit reduziert oder gar ganz aufgegeben haben.

Während vor der Diabetesdiagnose des Kindes 23 Prozent der Mütter in Vollzeit gearbeitet haben, waren es nach der Diagnose nur noch 14 Prozent. Die Anzahl der Teilzeitarbeitenden nahm dagegen genauso zu wie die Mütter, die komplett zuhause blieben, um sich um das diabeteserkrankte Kind zu kümmern. 62 Prozent der Mütter gaben eine hohe psychische Belastung an, 52 Prozent klagten über die Alltagsbelastung, 23 Prozent über die körperliche Belastung. Im Vergleich: Bei den Vätern klagten 42 Prozent über die psychische Belastung, 31 Prozent über die Alltagsbelastung und 11 Prozent über die körperliche Belastung.

Auf die Frage, wo die Eltern den größten Unterstützungsbedarf im ersten Jahr nach der Diabetesdiagnose sehen, nannten 42 Prozent Hilfen im Alltag, 23 Prozent psychologische Unterstützung und 18 Prozent Hilfe in Schule und Kita.

Fazit der AMBA-Studie ist, dass es eine hohe Belastung und einen hohen Unterstützungsbedarf der Familien und vor allem der Mütter gibt.
Genau hier kann eine Schulgesundheitsfachkraft enorm helfen. Die Tatsache, dass eine Fachkraft da ist, der man vertrauen kann und die das diabeteserkrankte Kind trösten, beraten und ihm im Ernstfall helfen kann, würde die Eltern psychisch und physisch extrem entlasten. Es wäre ein Gewinn an Zeit und vor allem Lebensqualität der gesamten Familie, denn oft müssen die nicht erkrankten Geschwisterkinder in der Betreuung durch ihre Eltern zurückstecken. Nicht zu vernachlässigen ist außerdem der finanzielle Aspekt, da mit einer Schulgesundheitsfachkraft vor allem die Mütter wieder die Chance hätten, Vollzeit zu arbeiten oder den Arbeitsumfang zu erhöhen.
Jährlich erkranken derzeit rund 3.500 Kinder und Jugendliche neu an einem Typ-1-Diabetes mellitus. Immer mehr Kinder erkranken bereits im Vorschulalter. Vorrangiges Ziel einer Schulgesundheitsfachkraft sollte sein, die Kinder mit Typ-1-Diabetes im Selbstmanagement ihrer Erkrankung zu stärken. Neben ihrer Grundausbildung muss sie vom betreuenden Diabetesteam in die individuellen Erfordernisse des jeweiligen Kindes eingewiesen werden. Vorrangige Aufgabe der Schulgesundheitsfachkräfte ist die konkrete Hilfestellung im Umgang mit Diabetes (und anderen Erkrankungen) im Schulalltag. Sie unterstützen damit aber nicht nur die Kinder, sondern entlasten deren Eltern und darüber hinaus auch die Lehrkräfte.

Aus der Praxis möchte ich noch auf ein Beispiel eingehen: Die Mutter des heute 12-jährigen Tim hat uns eindrucksvoll geschildert, wie sich ein Leben der Familie nach der Diabetesdiagnose ändert. Es ist nämlich von null auf 100 alles anders. Auch Tims Mutter hatte zu Beginn ihren Beruf zugunsten der Diabetesbetreuung aufgegeben: Tims Diabetes wurde im Alter von drei Jahren festgestellt, da war er gerade im Kitaalter. Es waren die klassischen Symptome, allen voran unendlicher Durst. Heute ist er 12 Jahre alt, gut eingestellt und regelt sein Diabetesmanagement weitgehend allein. Er hatte von Anfang an eine Insulinpumpe und im Großen und Ganzen sind die Eltern auch von Beginn an gut damit klargekommen. Aber die Mutter unterstreicht, dass die „niederschmetternde Diagnose“ vor allem auch eine Belastung für die gesamte Familie ist. Eltern eines Kleinkindes müssen sich auf die technischen Herausforderungen wie das Bedienen einer Insulinpumpe erstmal einlassen, Vertrauen zur Technik aufbauen und Ruhe bewahren, wenn Blutzuckerschwankungen auftreten. Diese gab es bei Tim mit der herkömmlichen Insulinpumpe häufig, vor allem durch Emotionen wie Aufregung vor Klassenarbeiten oder auch besonders vor freudigen Ereignissen. Tim reagierte hier sehr sensibel. Das belastete natürlich die Eltern, die sich tagtäglich fragten: „Geht es unserem Kind gut in der Schule?“, „Kommt er zurecht mit der ganzen Technik?“ Erst die Umstellung auf ein Hybrid-Closed-Loop-System haben diese Schwankungen so gut wie abgepuffert. Es ist für die Eltern eine enorme Erleichterung, dass Tim nun einen HbA1c von 6,4 Prozent hat. Trotzdem betont die Mutter, dass es für die Eltern immer wieder eine Herausforderung ist, die Verantwortung quasi an eine Technik abzugeben. Wäre eine Schulgesundheitsfachkraft, die sich mit der Diabetestherapie auskennt, anwesend, hätte ihr diese Angst genommen werden und sie viel früher einem geregelten Alltag nachgehen können.

(Es gilt das gesprochene Wort!)
Hamburg, September 2022


Michael Bertsch
webmaster@Diabetes-Kids.de
www.diabetes-kids.de

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