Geschrieben von Ines81. Veröffentlicht in Diabetes-Kids Elternblog.

Diabetes-Kids Elternblog: Ein Aprilscherz der niemals endet

Der 1. April 2019.... 


Ein Aprilscherz der niemals endet!

Hier kommt unsere Geschichte...

Meine Tochter (5) hat schon immer gerne und viel gegessen. Dementsprechend war sie auch übergewichtig.. mit 120 cm wog sie 30 kg.
Anfang des Jahres fing sie an langsam abzunehmen.. Sie hat nicht mehr soviel gegessen.
Ich habe mir nichts dabei gedacht.. Dachte dass sie sich vielleicht in den letzten Jahren einfach "überfressen" hat und einfach nicht mehr soviel möchte.


Das zog sich bis März auch so hin.. im März war sie dann auf 28 kg runter.
Dann bekam sie eine obstruktive Bronchitis.. musste Cortison inhalieren und Antibiotikum schlucken. Damit hatte sie 2 Wochen zu kämpfen.. in der Zeit hat sie wieder 2 kg verloren.
(Ich schob es auf die Bronchitis. Wenn mein Kind krank war, hat sie immer weniger gegessen und abgenommen.)
Nachdem die Bronchitis überstanden war, fiel mir auf, dass sie plötzlich unwahrscheinlich viel trinkt. 2-3 Liter täglich.
Und sie nahm weiter ab..

Ich fragte in einer Elterngruppe auf Facebook, nach Meinungen.. 
Einige sagten dass sei alles normal, ich soll mir nicht dabei denken.. 
andere sagten ich soll sie mal auf Diabetes testen lassen.. ? Diabetes? Mein Kind? ? Nein!

Ich habe mir Emilias Trink und Essverhalten noch weitere 3 Tage angeguckt.. 
Dann kam ich doch uns grübeln..  Vielleicht doch Diabetes? Habe gegoogelt.. viele Punkte trafen auf sie zu.

Dann kam der 1. April..
Ich habe bei unserer Kinderärztin angerufen. Ich wollte dass sie ein Blutbild machen.
Habe die Symptome geschildert..
Die Arzthelferin sagte ich solle mich bitte sofort auf den Weg in die Praxis machen.
Gesagt - Getan!

Emilia wurde auf die Waage gestellt.. "nur" noch 24.9 kg...
Sie musste eine Urinprobe abgeben..
Und ihr BZ wurde gemessen.. 
Ich habe das Ergebnis nicut gesehen.. die Arzthelferin ging kopfschüttelnd aus dem Behandlungsraum.
Ein paar Minuten kam die Ärztin rein..
Ich werde nie wieder diesen besorgniserregenden und traurigen Blick der Ärztin vergessen..

Sie nahm Emilia in den Arm und sagte "Ach Gott, Kind"
Dann sprach sie mich an..
"Frau Freesemann, im Blut ihrer Tochter befinden sich viele Ketone und ihr BZ ist so hoch, dass mein Messgerät nichts mehr anzeigt. Ihr Blutzucker ist über 500!
Sie müssen JETZT mit ihr ins Krankenhaus. JETZT"

Bäääääm ?

Irgendwas ist in dem Moment in meinem Kopf passiert. Meine Gefühle waren weg. Ich war klar, wusste genau was ich jetzt tun muss, habe in Gedanken schon unsere Koffer gepackt.

Wir verliessen die Praxis.. ich habe meinen Mann bei der Arbeit angerufen.. "Schatz du musst JETZT nach Hause kommen, ich muss mit Emilia ins Krankenhaus.. Verdacht Diabetes!"

20 Minuten später war er da.. ich habe schon angefangen die Koffer zu packen.. ich war immernoch sehr kühl.. irgendwie ausserhalb meines Körpers.. ich kann das gar nicht richtig beschreiben. ?

Dann fuhren wir ins Marienhospital nach Vechta.. ca 30 Minuten von uns entfernt.

Dann ging alles ganz schnell..
Im Behandlungsraum wurde wieder ihr Zucker gemessen. 520!
Sie bekam einen Zugang..
Gott.. Sie hat so fürchterlich geweint.. Sie hatte unendlich viel Angst..  ?

Sie bekam Flüssigkeit und Insulin über den Zugang.

Dann durften wir erstmal unsere Zimmer beziehen.

Irgendwann kam dann der Arzt..

"Ihre Tochter hat eine Ketoaszidose. Sie hat Ketone / Aceton im Körper.
Und das Blut ihrer Tochter ist übersäuert. Dass müssen wir erst in den Griff bekommen.
Es deutet alles auf Diabetes Typ1 hin."

Da saß ich nun, mit meinem Kind was eigentlich kerngesund war.. und war völlig ratlos.. mein Kopf war so voll und gleichzeitig so leer.

In der ersten Nacht wurde alle 30 Minuten ihr BZ kontrolliert. Es war eine schlaflose Nacht, in der meine Tochter nur geweint hat. Sie hatte einfach so viel Angst.. Sie wollte nach Hause.
Wenn du ehrlich bin, wollte ich auch nach Hause. Am liebsten hätte ich mein Kind gepackt und wär mit ihr nach Hause gefahren.. und hätte so getan als wenn alles in Ordnung ist.
Aber das war es nicht. Mein Kind wurde intensivmedizinisch behandelt.. Sie ist krank!

Krank für den Rest ihres Lebens!

Nach 2 Tagen wurde der Zugang entfernt. Die Ketoazidose war überstanden. Gott sei Dank!
Aber der Diabetes war immer noch da.

Sie bekam eine Insulinpumpe.. auch wieder mit viel weinen.. sie hat auch um sich getreten und gehauen..
wir sollen ihr nicht mehr weh tun. Sie will die Pumpe nicht.
Irgendwann wurde ich gebeten den Raum zu verlassen.

Ich bin auch den großen Flur gegangen.. habe sie schreien hören.. der Kloß in meinem Hals wurde immer größer.. aber weinen konnte ich nicht.

Dann war es endlich geschafft.. die Pumpe war angelegt..
Ab da sollte es alles leichter werden..
Wir bekamen jeden Tag 2 stündige Schulungen. Über Diabetes, Ernährung, Unter und Überzucker, Ketoazidose...
Ihr kennt das sicherlich... ?

Dann kam der Samstag.. eine Nacht in der ich nach Hause durfte. Mein Mann ist in dieser Nacht bei ihr geblieben.
Ich kam in dieses leere Haus.. sah Emilias Bilder an den Wänden, ging in ihr aufgeräumtes Zimmer..
Dann bin ich zusammengebrochen..
endlich konnte ich weinen... ich war unendlich traurig. Warum mein Kind? Warum?
Ich war mit meiner Mann per Whatsapp in Kontakt.. er sagte mir das Emilias Werte ziemlich weit unten ist und sie jetzt dagegen an essen muss... aber es wäre alles gut.

Am nächsten morgen habe ich dann mit ihm telefoniert..
Emilia hat die ganze Nacht gebrochen und Durchfall gehabt.. Norovirus! Ihr BZ war bei 34.

So schnell wie ich konnte bin ich ins Krankenhaus..
Wieder hing meine Tochter am Tropf.. Sie sah unglaublich schlecht aus.

Ausgerechnet in dieser Nacht war ich nicht bei ihr.

Ihre Werte waren die nächsten 2 Tage auch noch im Keller..
Dann  ging es langsam wieder aufwärts.

Nach 10 Tagen durften wir die Klink verlassen. Ich hatte so wahnsinnig viel Angst davor, mit meinem an Diabetes erkrankten Kind nach Hause zu fahren.
Zuhause gibt es keinen Klingelknopf wenn irgendetwas ist.

Aber ich muss sagen, dass es bisher besser klappt als gedacht.

Katheterwechsel sind noch ziemlich problematisch. Das schlimmste ist es die alten Pflaster zu entfernen..
Aber seitdem wir mit Pflasterlöser arbeiten, wird es besser.

Ansonsten macht meine Tochter echt gut mit. Sie misst ihren BZ schon selbst.. und gibt ihren Bolus unter unser Aufsicht auch schon selbst ab.

Seit Montag geht sie wieder in den Kindergarten. Am ersten Tag war ich den ganzen Tag dabei. Am 2. bin ich nur bis Frühstück geblieben.. Ich hole sie eh schon um 12.00 Uhr wieder ab.
Die  Erzieher sind von mir erstmal soweit eingewiesen worden... und sie hat eine Notfallbox im Kiga stehen.
Am 16.5. machen 6 Erzieher aus ihrem Kindergarten eine Schulung mit...
Dafür bin ich so unendlich dankbar. ❤

Im Sommer kommt sie in die Schule..  ich bin gespannt darauf was noch auf uns zukommen wird.

Ihre Manifestation ist jetzt genau 1 Monat her.
Und ich muss sagen, dass wir uns gut damit arrangiert haben.
Nicht wir müssen mit dem Diabetes leben.. sondern der Diabetes muss mit uns leben.

Es tut mir leid, dass unsere Geschichte so lang geworden ist..
Ich bin selbst erschrocken darüber, wie genau ich noch alles weiß..
Ist mir jetzt erst während des schreibens aufgefallen.

Danke, dass ihr hier eine Plattform bietet um sich auszutauschen und sich gegenseitig zu unterstützen. ❤

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Diskutiert diesen Artikel im Forum (4 Antworten).
Evgeniya antwortete auf das Thema:
13 Mai 2019 11:38
Hallo Ines,

wir sind seit 6 Jahren dabei, mein Sohn hat auch mit 5 Jahren die Diagnose bekommen.
Wir hatten ziemlich viel zu bewältigen am Anfang: fremde Sprache, Kindergarten ohne Erfahrung mit Diabetes. 8 Monate später kam Rückkehr nach Deutschland, Schulanfang, ängstliche Lehrer :evil: , Weiterbildungen, Jobsuche.
Ständig kreisten meine Gedanken um Diabetes und mein Kopf konnte nicht abschalten.
Heute habe ich gelernt, nicht nur auf meinen Sohn, sondern auf mich selbst zu achten. Damals glaubte ich, ich werde niemals wieder lachen, es ist vorbei. Mittlerweile habe ich mir guten Freundeskreis im neuen Ort aufgebaut und habe passende Beschäftigung gefunden. Es ist wirklich so, man wächst mit seinen Aufgaben. Vielen Dank an dieser Stelle an alle Diabetes-Kids Mitglieder, die mich damals mit ihren Ratschlägen unterstützt haben.
Jede kleine Erleichterung bringt dich weiter: ob das nur Pflasterlöser oder Schulung der Erzieher ist. Sei froh, dass deine Tochter so engagiert ist. Ich wünsche euch weiterhin viel Kraft.
Zuckermotte antwortete auf das Thema:
05 Mai 2019 17:57
Oh Ines,
meine Tochter heißt auch Emilia, ist 6 Jahre alt und hat es im August 2017 bekommen... Deine Schilderung kommt mir bekannt vor. Es gibt viel zu entdecken, die Kita macht auch bei uns super mit, zu den Mahlzeiten kommt der Pflegedienst, das erleichtert vieles, die Pumpe bedient sie auch selbständig, messen sowieso und mittlerweile Essen berechnen - sie möchte gern mal ohne Mama ein paar Stunden sein:-) Wir starten in drei Wochen zur Reha, vor der Einschulung nochmal üben, damit sie so normal wie möglich in die Schule kann.
Wir haben die Mio Katheter, in blau und pink, Farbe macht es oft einfacher:-) Pflasterentferner von Brava, bei der Krankenkasse durchgeboxt, dass es bezahlt wird. Enlite Sensor dran und es wurde besser (vorher Libre, aber Enlite läuft mit Pumpe und Alarm zusammen).
Wir rechnen uns durch das Leben, wiegen und berechnen kann man nämlich alles.... Und schwimmen im Verein, sie reitet noch und überhaupt nur Action..... Es geht weiter.... was auch sonst....
Viel Zeit zum Nachdenken bleibt nicht, lieber hier auf der Diabetes-Kids Seite stöbern und dazu lernen....
jonas2007 antwortete auf das Thema:
04 Mai 2019 19:43
Du beschreibst da ziemlich gut, wie wir uns, glaube ich, alle gefühlt haben. Für mich war auch dieses für immer das größte Problem. Ich habe das gehasst. Das wollte ich nicht für mein Kind. Auf gar keinen Fall. Wir haben jetzt das erste Jahr rum und Jonas war auch schon 10 als bei uns alles anfing. Es läuft gut. Man kommt klar. Aber immer wieder gibt es Situationen, wo ich aus dem Zimmer gehen muss, mich im Bad einschliesse und heule wie ein Schloss und. Letzten sagte Jonas zum Beispiel, daß er auf der Klassenfahrt nicht duschen möchte. Er will nicht, das alle seinen Omnipod sehen. Und ich? Ahnte bis jetzt nicht mal, daß das ein Problem für ihn darstellt. Der Omnipod fällt ja eigentlich gar nicht auf, so ganz ohne Schlauch. Da arbeitet so viel in dem Kind. Aber was soll es. Keine Chance was daran zu ändern. Also einfach mit ganzer Kraft für ihn da sein und durchhalten. Ist meine Devise,
Ich wünsche euch viel Kraft und Ausdauer. Das braucht man glaube ich am meistens. Ach nein, Geduld. Das braucht man am meisten. Oder vielleicht Mut. Ich denke, man braucht eigentlich von allem am meisten.;) :(
MatHar antwortete auf das Thema:
03 Mai 2019 23:04
Hallo Ines,
vielen Dank für deine Offenheit und Willkommen!
Vielen von uns ist es ähnlich ergangen und es ist immer wieder bewegend die ähnlichen Erfahrungen anderer zu lesen.

Unsere Tochter ist zwei Jahre jünger als eure und hat die Diagnose kurz vor ihrem 3. Geburtstag bekommen.
Wir sind nach einigen Wochen dazu übergegangen den Katheter bei Ihr kurz nach dem Einschlafen zu setzen, da sie sich aus Angst vor dem Piks immer heftiger gewehrt und geschrien hat. Seit dem dauert das Prozedere wenige Minuten und nicht mehr bis zu 50 Minuten die für uns alle immer wieder traumatisierend waren. Nun zuckt sie meistens nicht einmal dabei.

Den alten Katheter entfernen wir am nächsten Tag in dem wir Desinfektionsmittel (Softasept N) auf die Klebeflächen sprühen und dann erwärmtes Kokosöl (welches dann flüssig ist) darauf geben. Dann lässt sich der Katheter ganz gut lösen. Durch das Kokosöl wird die Haut zudem gepflegt und weniger gereizt als beim Pflasterlöser.

Viel Kraft und wachsende Sicherheit für die kommende Zeit !!!
Mathias