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Neues Schwerbehindertenrecht für Diabetiker: Bundesratsentscheidung rückt Therapieaufwand in den Mittelpunkt bei der Einstufung des Behindertengrads

Düsseldorf/Berlin – Der Bundesrat hat heute eine Neuregelung der Versorgungsmedizin-Verordnung beschlossen. Darin sind die Voraussetzungen geändert, nach denen Diabetiker zukünftig einen Schwerbehindertenausweis erhalten können. Ausschlaggebend für die Bewilligung sind jetzt der hohe Therapieaufwand der Betroffenen und deren Benachteiligungen im Alltag. Bisher musste der Nachweis schwerer Unterzuckerungen erbracht werden, um als Diabetiker Schwerbehindertenstatus zu erhalten. diabetesDE und die Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG) begrüßen an den neuen Einstufungskriterien zum Grad der Behinderung (GdB), dass Diabetikern nun nicht mehr so häufig der Verlust des Führerscheins oder eine Arbeitsunfähigkeit drohtDie Diabetes-Experten erhoffen sich von der Neuregelung außerdem mehr Rechtssicherheit und Transparenz.

 

Um bisher als schwerbehindert anerkannt zu werden, mussten Diabetiker nachweisen, dass sich ihr Stoffwechsel schwer einstellen lässt und sie teils erhebliche Unterzuckerungen erleiden. Dies kann falsche Anreize für die Therapietreue der Patienten setzen, kritisieren Experten die alte Regelung. „Wir sind daher froh, dass die neue Regelung die Beeinträchtigungen im Alltag in den Mittelpunkt stellt. Dies hat auch das Bundessozialgericht 2008 gefordert“, betont Professor Dr. med. Stephan Martin, Düsseldorf, Leiter der Arbeitsgruppe Diabetes im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Als Mitglied im Ärztlichen Sachverständigenbeirat des BMAS hat er die Neuregelung miterarbeitet. Danach gelten Menschen mit Diabetes jetzt als schwerbehindert, wenn sie täglich mindestens vier Insulininjektionen benötigen, deren Dosis sie je nach Ernährung, Bewegung und Blutzucker selbst anpassen. Außerdem müssen sie durch erhebliche Einschnitte gravierend in ihrer Lebensführung beeinträchtigt sein.

Menschen mit Diabetes Typ 1, insbesondere Kinder und Jugendliche, haben nach Einschätzung von Professor Martin durch ihren hohen Therapieaufwand gute Chancen, künftig einen Schwerbehindertenausweis auf Antrag zu erhalten. „Die geänderten Anforderungen sind transparent und schaffen für Menschen mit Diabetes Rechtssicherheit“, bekräftigt Dr. med. Kurt Rinnert, Erfstadt, Mitglied  der DDG und Arbeitsmediziner, die sich seit vielen Jahren für eine Verbesserung des Schwerbindertenrechts für Diabetiker einsetzt. „Wichtig dabei ist, dass der Schwerbehindertenausweis nun keinen Rückschluss mehr auf die Qualität der Stoffwechseleinstellung zulässt. Damit sind frühere Fallen wie etwa der Führerscheinverlust ausgeräumt“, so Dr. Rinnert, der ebenfalls an der Änderung der Rechtsverordnung mitgewirkt hat. Auch galten Menschen mit Diabetes häufig aufgrund ihres Schwerbehindertenstatus für bestimmte Berufe als ungeeignet, da der Arbeitgeber von häufigen Unterzuckerungen ausging.

Interpretationsspielräume lässt jedoch auch die Neuregelung offen, warnen diabetesDE und DDG. Diese ergeben sich womöglich aus der Formulierung, dass die Patienten durch erhebliche Einschnitte gravierend in ihrer Lebensführung beeinträchtigt sein müssen. Denn welche Beeinträchtigungen gemeint sind, ist nicht exakt definiert. „Wir gehen davon aus, dass es Anliegen des Gesetzgebers ist, mehr Rechtssicherheit für Menschen mit Diabetes zu schaffen. Daher erwarten wir, dass die Formulierung von den Versorgungsämtern nicht zu Ungunsten der Diabetiker ausgelegt wird“, fordert Professor Dr. med. Thomas Danne, Hannover, Vorstandvorsitzender von diabetesDE und Präsident der Deutschen Diabetes-Gesellschaft.

Um die zahlreichen Benachteiligungen im Alltag auszugleichen, genießen Schwerbehinderte in Deutschland berufliche und finanzielle Vorteile. Dazu gehört der besondere Kündigungsschutz, der Anspruch auf Zusatzurlaub und Vergünstigungen bei der Einkommenssteuer. Eine Steuerersparnis erhalten auch Eltern diabetischer Kinder und Jugendlicher, die Schwerbehindertenstatus haben. Diabetiker können den Ausweis beim Versorgungsamt beantragen. Ein Amtsarzt prüft dort, wie hoch der Grad der Behinderung ist. Dieser ist in seiner Entscheidung an die nun geänderte Versorgungsmedizin-Verordnung gebunden. Für einen Schwerbehindertenausweis muss ein Grad der Behinderung von mindestens 50 vorliegen.

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Anne-Katrin Döbler/Christine Schoner                       
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Quelle: Pressemeldung diabetesDE/DDG vom 10. Juli 2010

Behinderung, Rechtliches, Politik

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