Stationäre Diabetesberatung muss gesichert werden!
Kliniken schließen ambulante Versorgungslücken – wie lange noch?
Berlin, September 2024 – Kommt es in der ambulanten Versorgung von Menschen mit Diabetes Typ 1 zu Engpässen, ist es wichtig, dass Betroffene in Notfällen, bei Problemen mit der Diabetestechnik und besonderen Stoffwechselproblemen Kliniken mit Diabetesexpertise aufsuchen können. Doch in Kliniken steht immer weniger Diabetes-Expertise zur Verfügung. Auch mit der Krankenhausreform droht ein diabetologischer Fachkräftemangel. Der Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e. V. (VDBD) fordert daher, die stationäre Diabetesberatung in die geplanten Vorhaltepauschalen zu integrieren, um einem möglichen zukünftigen Versorgungsnotstand für Menschen mit Diabetes vorzubeugen.
In einer hausärztlichen Praxis in Deutschland werden im Schnitt etwa 100 Menschen mit Diabetes mellitus betreut. 2 bis 5 der Betroffenen haben einen Diabetes Typ 1. „Das tägliche Diabetesmanagement erfordert besonderes Augenmerk, um bei diesen Patient:innen schwere Begleit- und Folgeerkrankungen zu verhindern und eine hohe Lebensqualität und -erwartung zu gewährleisten“, erklärt Sebastian Bittner, neu gewähltes Vorstandsmitglied des VDBD. Durch die geringe Anzahl der Menschen mit Diabetes Typ 1 in Hausarztpraxen fehlt oft die Expertise auf diesem Gebiet. Wenn Betroffene nicht an Diabetologische Schwerpunktpraxen weitergeleitet werden, bleiben diese Patient:innen oft hinter ihren therapeutischen Möglichkeiten zurück – insbesondere hinsichtlich moderner Diabetestechnologien. Insgesamt sind etwa 340 000 Erwachsene in Deutschland von Diabetes Typ 1 betroffen. „Wenn keine Betreuung in einer Diabetologischen Schwerpunktpraxis erfolgt, sind Kliniken die letzte Instanz, in der Betroffene beispielsweise ihren dauerhaft erhöhten Blutzucker wieder in den Griff bekommen oder eine Schulung für technische Geräte erhalten“, erklärt Bittner, Diabetesberater an der m&i-Fachklinik Bad Heilbrunn.
Herausforderungen in der Diabetesversorgung nehmen zu
Die Therapie des Diabetes Typ 1 wird immer komplexer. Der Versorgungsaufwand hat für das Fachpersonal durch die technologischen Therapiemöglichkeiten nicht ab- sondern eher zugenommen. So setzen Insulinpumpen, kontinuierliche Glukosemesssysteme und AID-Systeme zur automatisierten Insulinabgabe umfangreiches technisches Verständnis und Wissen bezüglich der Handhabung voraus. „Das Praxispersonal muss über ein großes Spektrum von Geräten informiert sein und sich `up to date´ halten, um diese Informationen ihren Patient:innen weitergeben zu können. Das erfordert nicht nur zeitliche Ressourcen zur Kenntnisgewinnung, sondern auch -vermittlung, die nicht jede Praxis aufbringen kann“, gibt Bittner zu bedenken. „Die Erstkalibrierung eines AIDSystems und die technische Einweisung nimmt mindestens eine Stunde in Anspruch“, führt der Diabetesberater DDG aus. In ländlichen Regionen sind Versorgungslücken aufgrund fehlender Diabetologischer Schwerpunktpraxen und des Fachkräftemangels besonders prägnant.
„Solange keine ausreichende flächendeckende ambulante Versorgung möglich ist, sind Menschen mit Diabetes Typ 1 auf Kliniken angewiesen, wo diese Versorgungsstrukturen existieren. Kommt es im Zuge der Lauterbach’schen Krankenhausreform zu einer zentralisierten Klinikversorgung, wird es für die Betroffenen noch weniger Anlaufstellen geben“, warnt Bittner. Jede:r 5. Krankenhauspatient:in hat die Nebendiagnose Diabetes. Eine adäquate Versorgung dieser stetig wachsenden Anzahl macht eine Diabetesexpertise in der Klinik notwendig. „Für eine gute Behandlungsqualität von Menschen mit Diabetes braucht es qualifizierte Diabetesberater:innen“, so Bittner.
Politik muss Diabetesberatung endlich mitdenken!
Der VDBD fordert daher eindringlich, dass der drohende Teufelskreis aus mangelnder Finanzierung der klinischen Diabetesberatung und zunehmender ambulanter Unterversorgung durchbrochen werden muss. „Die geplante Vorhaltevergütung muss daher auch Gesundheitsfachkräfte einbeziehen, die nicht nur aus dem rein pflegerischen Milieu kommen“, betont Kathrin Boehm, neue Vorstandsvorsitzende des VDBD. „Die Krankenhausreform, beziehungsweise das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz, (KHVVG) berücksichtigt jedoch nur ärztliches und pflegerisches Personal.“ Die Diabetesberaterin DDG verweist darauf, dass rund zwei Drittel der Diabetesberater:innen DDG und Diabetesassistent:innen DDG keinen pflegerischen Grundberuf haben und damit aus diesem Raster fallen würden. Sie haben sich jedoch durch die seit Jahrzenten etablierte und professionelle Weiterbildung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) in der Betreuung von Diabetespatient:innen qualifiziert und spielen eine zentrale Rolle in der klinischen und ambulanten Versorgung von Menschen mit Diabetes.
Details zu den Forderungen des VDBD sind dem Positionspapier des VDBD „Diabetesberatung – eine übersehene Ressource in der Krankenhausreform“ zu entnehmen.
Ihr Kontakt für Rückfragen und Quellverweis:
Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e. V. (VDBD) vom 3.9.2024
DDG, Krankenkasse, Politik, VDBD
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